Sonntag, Dezember 09, 2007

Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung mit riesenlanger Tagesordnung - Artur Beneken trampelt in Fettnäpfchen - Melf Grantz neuer Stadtrat


Der bisherige SPD-Fraktionschef Melf Grantz ist neuer Bremerhavener Stadtrat für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Frauen. Einzelne Mitglieder der Opposition äußerten vor der Wahl durch die Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung Kritik am Verfahren, aber die große Wertschätzung für die persönliche Qualifikation des Kandidaten reichte quer durch alle Fraktionen. Breites Lob erhielt auch Vorgänger Wilfried Töpfer.

Verständnisloses Kopfschütteln ernteten die Grünen mit ihrem Antrag, ausgerechnet durch die Streichung der Leitungsposition dieses Riesendezernats den Startschuss für eine umfassende Magistratsreform zu geben. "Ich finde das sehr merkwürdig und unverständlich angesichts der sonstigen Positionen der Grünen", meinte der SPD-Stadtverordnete Elias Tsartilides und verwies auf die zentrale politische Bedeutung des Aufgabenfeldes.

"Das ist der wichtigste Bereich im Magistrat", betonte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Bödeker und warf den Grünen vor, sie wollten mit ihrem Vorschlag "die gesamte politische Landschaft durcheinanderbringen", nur um die Arbeit der großen Koalition zu erschweren. Zwar hielt Anke Krein von den Grünen dagegen, der jetzige Zuschnitt der Dezernate sei zu wenig auf die sachlichen Probleme orientiert und verursache zu viel Leerlauf, aber nicht einmal die übrige Opposition wollte die Diskussion im Zusammenhang mit dieser Wahl aufnehmen.

Am Ende wurde der 45-jährige Rechtsanwalt Grantz ohne Gegenstimme bei 7 Enthaltungen gewählt. Sein Vorgänger Wilfried Töpfer (ebenfalls SPD) geht zum Ende des Jahres in den Ruhestand. Selbst CDU-Fraktionschef Bödeker drückte Töpfer ausdrücklich seine Hochachtung aus und bedankte sich für die "gute und strittige Zusammenarbeit". Mark Ella (FDP) meinte, Töpfer habe seine positive Arbeit im Sozialbereich stets "ohne Scheuklappen" verrichtet.

Im Verlauf der mehr als sechsstündigen Sitzung befassten sich die Stadtverordneten mit einer Vielzahl unterschiedlicher Themen. Lob von Bürgerinitiativen erhielten sie für die Entscheidung ein gesamtstädtisches Konzept für die Lenkung des Verkehrs erarbeiten zu lassen. Im Antrag der großen Koalition wird klargestellt, dass Bremerhaven aus mehreren Gründen "verkehrlich vor neuen Herausforderungen" steht.

Als zentralen Gesichtspunkt für das Gutachten fordern die Politiker "eine menschen- und klimafreundliche Verkehrs- und Stadtentwicklung", die alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen müsse. Zuvor übergab die Bürgerinitiative "Brummis umzu" nach eigenen Angaben rund 5000 Unterschriften, die sich wegen des zunehmenden Lkw-Verkehrs in der Stadt für einen Gesamtplan stark machten. Der Unternehmerverein Bremerhaven-Wesermünde lobte den Entschluss der Stadtverordneten, endlich die "Bedenken einer breiten Maße Betroffener aus Wirtschaft und Bevölkerung" aufzunehmen und ein Verkehrslenkungskonzept auf den Weg zu bringen.

Interessant war ein Bündel von Anträgen, in denen die große Koalition den Magistrat auffordert, außer einem "modernen Verkehrskonzept" auch ein "integriertes Flächenprogramm" für Bremerhaven und einen "Masterplan für aktive Umweltpolitik in Bremerhaven" zu erarbeiten. "Als Stadt an der Küste sind wir besonders von der globalen Erd-Erwärmung betroffen", heißt es in der Begründung. "Deswegen soll geprüft werden, wie wir einen kommunalen Beitrag gegen die Klimaveränderung leisten können."

Für Unruhe am Rande der Sitzung sorgte Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken (SPD), der dem Fernsehteam von "buten un binnen" die Dreharbeiten während der Sitzung untersagt hatte, weil keine Drehgenehmigung beantragt wurde. Während der Ordnungsdienst darauf drängte, dass die Fernsehcameras beiseite gelegt werden mussten, ging der Fotograf der NZ ungehindert seiner Arbeit nach. Mit einer persönlichen Intervention sorgte Oberbürgermeister Jörg Schulz schließlich dafür, dass Beneken seine kuriose Anweisung zurücknahm - zumindest für diese Sitzung.

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