Bremerhavener Havenwelten: Abschlussbericht liegt seit mehr als vier Wochen vor - Die Nordsee-Zeitung arbeitet sicherlich noch intensiv an einer kritischen Berichterstattung...
Seestadtpresse Bremerhaven - Unter dem Datum 10. November 2010 ist die Vorlage Nr. I/254/2010 des Magistrats der Seestadt Bremerhaven verbucht. Überschrift: "Havenwelten Bremerhaven - Endbericht".
Als Anlage zu dieser Magistratsvorlage findet man eine Studie des BAW Instituts für regionale Wirtschaftsforschung mit dem Titel: "Entwicklung des Vorhabens Havenwelten in Bremerhaven. Dokumentation des Projektes und der regionalwirtschaftlichen Effekte - Endbericht 2010". Und hinzugefügt ist: "Bremen Stand 05. November 2010".
Da eine systematische, sorgfältige und kritische Analyse dieser offiziellen Abschlussbilanz des Bremerhavener Großprojekts Havenwelten nach so langer Zeit nun sicherlich in Kürze in der Nordsee-Zeitung erscheinen wird, beschränke ich mich hier auf ein paar Fundsachen und Anmerkungen.
- Als gesamte öffentliche Investition in die Havenwelten nennt der Magistrat nun eine Summe von 315,9 Millionen Euro. Davon hat Bremerhaven mit 122,4 Millionen Euro fast 40 Prozent beizutragen.
Was zusätzlich aus anderen Budgets finanziert wurde, bleibt zu klären. Als Beispiel lässt sich das Conference Center nennen, das laut Bericht mit gut zwei Millionen Euro außerhalb des Budgets der Havenwelten öffentlich gefördert wurde.
- Als Erfolge vermeldet der Magistrat an erster Stelle wolkige Dinge wie eine "deutliche Imageverbesserung" für Bremerhaven sowie Presseberichte über die Havenwelten mit einem angeblichen "Medienwert" (!) von 75,4 Millionen Euro.
- Als Erfolge hebt der Magistrat auch in einem auffällig langen Absatz hervor, dass es "zahlreiche Nominierungen und Preisgewinne für Spitzenauszeichnungen" (!?) gegeben habe.
- Eher am Rande erwähnt der Magistrat, dass "im Entwicklungsgebiet" angeblich rund 1800 Arbeitsplätze entstanden seien. Setzt man diese zweifelhafte Zahl in Beziehung zu den öffentlichen Gesamtinvestitionen, dann musste die öffentliche Hand für jeden dieser Arbeitsplätze immerhin minimal rund 175.000 Euro berappen.
- Wer sich die Tabelle in der BAW-Studie ansieht, kann aber leicht erkennen, dass diese Zahlenangabe schlicht lügenhaft ist.
Denn auf Seite 71 steht eine Tabelle "Arbeitsplätze im Entwicklungsgebiet", auf der nicht 1800, sondern exakt 1766 Arbeitsplätze angegeben werden, und das auch noch "inklusive Vorbestand" .
Das bedeutet, dass die bereits vorhandenen oder verlagerten Arbeitsplätze im Schiffahrtsmuseum (82), in der Strandhalle (28), im Call-Center (280), im Zoo am Meer (48), bei bremenports (190) usw. in geradezu dreister Fälschung der Tatsachen als Arbeitsplatz-Erfolge der Havenwelten mitgezählt wurden.
Es bleiben vielleicht um die 1000 mit Recht anzuführender Arbeitsplätze übrig, von denen fast ein Drittel Teilzeitarbeitsplätze sein dürften. Wer sich die Lage in den Havenwelten vor Augen führt, weiß darüber hinaus um die zahlreichen Aushilfsjobs, die dort in sämtlichen Branchen angeboten werden.
Eine sonst übliche Umrechung in sogenannte "Vollzeitäquivalente" ist nirgends zu entdecken.
Das könnte bedeuten, dass jeder wirklich ernsthaft zu zählende neue Arbeitsplatz in den Havenwelten mit einer halben Million Euro aus öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Selbstverständlich kann die Summe noch höher oder auch niedriger liegen, aber das können vielleicht die Experten unserer Wirtschaftsförderung genauer erläutern.
Dass solche Zahlen vom Bremerhavener Magistrat nicht als besonderer Erfolg seiner folgenschweren Struktur- und Wirtschaftspolitik angeführt werden können, ist leicht nachzuvollziehen.
Weitere Anmerkungen:
- Im Gegensatz zu den vielen NZ-Erfolgsmeldungen über das Conference Center ist der Betrieb tatsächlich noch weit vom Ziel entfernt. Dafür wären nämlich mindestens 26.500 Besucher nötig.
Tatsächlich kamen 2009 deutlich weniger als die Hälfte (11.435), und auch 2010 sieht die Bilanz des 1. Halbjahres (7.348 Besucher) im Vergleich zur Zielzahl noch reichlich mager aus. Aber genau dafür zahlt die Stadt Bremerhaven wie verabredet außer ihrem Investitionszuschuss einen "Verlustabgleich".
- Über das Klimahaus heißt es im Bericht auf Seite 27, es seien im ersten Betriebsjahr die angesetzten Zielzahlen von 800.000 Besuchern übertroffen worden. Das ist falsch. Es waren laut Zahlenangabe im Bericht auf Seite 28 ganz genau 747.668.
Selbstverständlich ist das eine Kleinigkeit, aber es illustriert immerhin den laxen Umgang mit der Wahrheit.
- Geradezu kurios ist die Behauptung über die grandiosen Folgen der neuen Wohnungen im Gebiet der Havenwelten. Als Beleg für eine angebliche "Wende in der Einwohnerentwicklung" (!!) Bremerhavens werden die Einwohnerzahlen im Ortsteil Mitte-Süd angeführt. Diese Zahlen sind zwischen 2005 und 2010 von 4.795 auf 4.877 angewachsen.
Die angebliche "Wende in der Bremerhavener Einwohnerentwicklung" besteht also aus einem Plus von 82 Menschen und somit einem enormen Anstieg der Einwohnerzahl um etwa 1,5 Prozent.
Was die Havenwelten offensichtlich am allerbesten können, ist das Aufblasen winziger Geschehnisse zu Mega-Erfolgen im Weltmaßstab. Bei den entstandenen Folgekosten läuft das übrigens genau anders herum.
Tolle Sache - echt!
Als Anlage zu dieser Magistratsvorlage findet man eine Studie des BAW Instituts für regionale Wirtschaftsforschung mit dem Titel: "Entwicklung des Vorhabens Havenwelten in Bremerhaven. Dokumentation des Projektes und der regionalwirtschaftlichen Effekte - Endbericht 2010". Und hinzugefügt ist: "Bremen Stand 05. November 2010".
Da eine systematische, sorgfältige und kritische Analyse dieser offiziellen Abschlussbilanz des Bremerhavener Großprojekts Havenwelten nach so langer Zeit nun sicherlich in Kürze in der Nordsee-Zeitung erscheinen wird, beschränke ich mich hier auf ein paar Fundsachen und Anmerkungen.
- Als gesamte öffentliche Investition in die Havenwelten nennt der Magistrat nun eine Summe von 315,9 Millionen Euro. Davon hat Bremerhaven mit 122,4 Millionen Euro fast 40 Prozent beizutragen.
Was zusätzlich aus anderen Budgets finanziert wurde, bleibt zu klären. Als Beispiel lässt sich das Conference Center nennen, das laut Bericht mit gut zwei Millionen Euro außerhalb des Budgets der Havenwelten öffentlich gefördert wurde.
- Als Erfolge vermeldet der Magistrat an erster Stelle wolkige Dinge wie eine "deutliche Imageverbesserung" für Bremerhaven sowie Presseberichte über die Havenwelten mit einem angeblichen "Medienwert" (!) von 75,4 Millionen Euro.
- Als Erfolge hebt der Magistrat auch in einem auffällig langen Absatz hervor, dass es "zahlreiche Nominierungen und Preisgewinne für Spitzenauszeichnungen" (!?) gegeben habe.
- Eher am Rande erwähnt der Magistrat, dass "im Entwicklungsgebiet" angeblich rund 1800 Arbeitsplätze entstanden seien. Setzt man diese zweifelhafte Zahl in Beziehung zu den öffentlichen Gesamtinvestitionen, dann musste die öffentliche Hand für jeden dieser Arbeitsplätze immerhin minimal rund 175.000 Euro berappen.
- Wer sich die Tabelle in der BAW-Studie ansieht, kann aber leicht erkennen, dass diese Zahlenangabe schlicht lügenhaft ist.
Denn auf Seite 71 steht eine Tabelle "Arbeitsplätze im Entwicklungsgebiet", auf der nicht 1800, sondern exakt 1766 Arbeitsplätze angegeben werden, und das auch noch "inklusive Vorbestand" .
Das bedeutet, dass die bereits vorhandenen oder verlagerten Arbeitsplätze im Schiffahrtsmuseum (82), in der Strandhalle (28), im Call-Center (280), im Zoo am Meer (48), bei bremenports (190) usw. in geradezu dreister Fälschung der Tatsachen als Arbeitsplatz-Erfolge der Havenwelten mitgezählt wurden.
Es bleiben vielleicht um die 1000 mit Recht anzuführender Arbeitsplätze übrig, von denen fast ein Drittel Teilzeitarbeitsplätze sein dürften. Wer sich die Lage in den Havenwelten vor Augen führt, weiß darüber hinaus um die zahlreichen Aushilfsjobs, die dort in sämtlichen Branchen angeboten werden.
Eine sonst übliche Umrechung in sogenannte "Vollzeitäquivalente" ist nirgends zu entdecken.
Das könnte bedeuten, dass jeder wirklich ernsthaft zu zählende neue Arbeitsplatz in den Havenwelten mit einer halben Million Euro aus öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Selbstverständlich kann die Summe noch höher oder auch niedriger liegen, aber das können vielleicht die Experten unserer Wirtschaftsförderung genauer erläutern.
Dass solche Zahlen vom Bremerhavener Magistrat nicht als besonderer Erfolg seiner folgenschweren Struktur- und Wirtschaftspolitik angeführt werden können, ist leicht nachzuvollziehen.
Weitere Anmerkungen:
- Im Gegensatz zu den vielen NZ-Erfolgsmeldungen über das Conference Center ist der Betrieb tatsächlich noch weit vom Ziel entfernt. Dafür wären nämlich mindestens 26.500 Besucher nötig.
Tatsächlich kamen 2009 deutlich weniger als die Hälfte (11.435), und auch 2010 sieht die Bilanz des 1. Halbjahres (7.348 Besucher) im Vergleich zur Zielzahl noch reichlich mager aus. Aber genau dafür zahlt die Stadt Bremerhaven wie verabredet außer ihrem Investitionszuschuss einen "Verlustabgleich".
- Über das Klimahaus heißt es im Bericht auf Seite 27, es seien im ersten Betriebsjahr die angesetzten Zielzahlen von 800.000 Besuchern übertroffen worden. Das ist falsch. Es waren laut Zahlenangabe im Bericht auf Seite 28 ganz genau 747.668.
Selbstverständlich ist das eine Kleinigkeit, aber es illustriert immerhin den laxen Umgang mit der Wahrheit.
- Geradezu kurios ist die Behauptung über die grandiosen Folgen der neuen Wohnungen im Gebiet der Havenwelten. Als Beleg für eine angebliche "Wende in der Einwohnerentwicklung" (!!) Bremerhavens werden die Einwohnerzahlen im Ortsteil Mitte-Süd angeführt. Diese Zahlen sind zwischen 2005 und 2010 von 4.795 auf 4.877 angewachsen.
Die angebliche "Wende in der Bremerhavener Einwohnerentwicklung" besteht also aus einem Plus von 82 Menschen und somit einem enormen Anstieg der Einwohnerzahl um etwa 1,5 Prozent.
Was die Havenwelten offensichtlich am allerbesten können, ist das Aufblasen winziger Geschehnisse zu Mega-Erfolgen im Weltmaßstab. Bei den entstandenen Folgekosten läuft das übrigens genau anders herum.
Tolle Sache - echt!
Labels: Bremerhaven, Havenwelten
1 Comments:
Ich habe immer häufiger den Eindruck, dass die ganze Politik - nicht nur die Bremerhavener Kommunalpolitik - nur noch aus schöngeredeten Seifenblasen besteht. Den Umfragen der Meinungsforscher zufolge quittieren die Bundesbürger zumindest die Sprechblasen der FDP auf Bundesebene mit wachsender Ablehnung, während die CDU trotz zurückgehender Zustimmung immer noch erstaunlich gut dabei wegkommt. Ich frage mich, ob die beiden in der Großen Koalition Bremerhavens vertretenen Parteien im Mai 2011 auch endlich einmal die Quittung für ihre Mauscheleien, Tricksereien und die ständige Missachtung der Sorgen und Wünsche Bürger Bremerhavens bekommen werden.
Ich hoffe deine Beiträge und Analysen werden uns noch lange erhalten bleiben und wünsche dir ein Frohes Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr 2011.
Gruß,
juwi
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