Freitag, Februar 03, 2006

Hanse-Carré-Verkauf: Verschleuderung von Steuergeldern?


Der geplante Verkauf des Einkaufscententers "Hanse Carré" im früheren Horten-Gebäude stößt auf Kritik bei der Opposition im Stadtparlament, während die Parteien der großen Koalition offensichtlich mit der Transaktion zufrieden sind. Auffälligstes Detail: Obwohl insgesamt 26,5 Millionen Euro investiert wurden, hält der Magistrat den Verkaufspreis von nur 17 Millionen Euro für durchaus angemessen.

Der Beginn des Dramas um das Hortengebäude reicht in den Dezember 1999 zurück, als das Kaufhaus geschlossen wurde und mehrere Jahre lang für einen Schandfleck mitten in der Innenstadt sorgte. Da die Metro-Gruppe als Eigentümerin mit hohen Kaufpreisvorstellungen auf Zeit spielte, entschloss sich der Magistrat notgedrungen zum Handeln. Mit dabei war Norbert Tränkners Immobilienfirma Hansa-Grund.

In der entsprechenden Magistratsvorlage aus dem Frühjahr 2003 war noch von einer notwendigen Gesamtinvestition von rund 18 Millionen Euro die Rede. Fest ins Finanzierungskonzept eingebaut wurde eine jährliche Miete von 360000 Euro für die Stadtbibliothek, die damit gut ein Drittel der gesamten angesetzten Mieteinnahmen für das Projekt aufzubringen hatte. Allerdings wurde die Kalkulation zwischenzeitlich geändert, insbesondere durch die Vermietung des Kellergeschosses an eine Diskothek sowie des dritten Obergeschosses an ein Gesundheitszentrum.

Die zusätzlichen Umbaukosten von 3,4 Millionen Euro für das Gesundheitszentrum und 1,8 Millionen Euro für die Diskothek wurden von den Verantwortlichen als unproblematisch dargestellt, weil sie angeblich über die Mieteinnahmen finanziert werden könnten. So war im Sommer 2004 noch von einer beispielhaften Aktion der Wirtschaftsförderung die Rede, die mit einem auch architektonisch gelungenen Vorzeigeobjekt bundesweit Aufmerksamkeit erregt habe.

Michael Gerber, Mitarbeiter der Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS und Geschäftsführer der Hanse Carré GmbH, wurde mit der Aussage zitiert, dass sich das Vorhaben für die Stadt Bremerhaven rechne. "Das Hanse Carré belastet nicht den Haushalt", erläuterte Gerber der Nordsee-Zeitung. "Im Gegenteil: Wir nehmen Geld ein." Heute ist klar, dass der Umbau der Immobilie zu einem "multifunktionalen Einkaufs- und Dienstleistungszentrum" nur mit einem faktischen Millionen-Zuschuss der öffentlichen Hand zu bewerkstelligen war. Überraschend war die Gesamthöhe der öffentlichen Investition, die mit 26,5 Millionen Euro deutlich höher lag als die noch im November 2005 in der Presse genannte Zahl von "mehr als 20 Millionen".

In der aktuellen Vorlage des Magistrats wird der Kaufpreis in der Größenordnung von rund 17 Millionen Euro trotzdem als angemessen bezeichnet. "Angesichts des hohen Einstandspreises der Altimmobilie war nicht damit zu rechnen, dass dieser Anteil sich im Kaufpreis niederschlagen würde", heißt es wörtlich. Anzumerken ist aber, dass seinerzeit für das Gebäude sieben Millionen Euro gezahlt wurden, während der heutige Verkaufspreis um rund 9,5 Millionen Euro unter dem investierten Gesamtbetrag liegt.

Kritische Stimmen in der Bremerhavener Kommunalpolitik blieben anfangs eher leise. Die FDP sprach von einer "offensichtlichen Fehlkalkulation" der städtischen Wirtschaftsförderer. "Wenn das Hanse Carré tatsächlich nur 17 Millionen Euro wert ist, dann wurde deutlich zuviel investiert", meinte der FDP-Fraktionsvorsitzende Mark Ella. Die Grünen brauchten etwas länger für die interne Diskussion. Dann allerdings warnten sie nachdrücklich vor einer "Verschleuderung" der Immobilie.

Moniert wird von Bündnis 90 / Die Grünen auch die Prozedur des Verkaufs an das holländische Unternehmen Elizen Vastgoed. "Gerade einmal eine Millionen Euro wechseln die Konten", stellten die Grünen fest. Den "Löwenanteil" bleibe der Investor dagegen schuldig, weil er das aktuell laufende städtische Darlehen übernehme und dafür einen leicht erhöhten Zinssatz zahle. Allerdings sei dieser städtische Zinsgewinn von etwa 125000 Euro im Jahr erheblich niedriger als die rund 500000 Euro, die von der Stadt jährlich als Miete für die Stadtbibliothek und das Bürgerbüro zu zahlen seien.

"Angesichts der vielen Ungereimtheiten und Risiken dieses Kuhhandels können und wollen wir diesem mehr als fragwürdigen Geschäft nicht zustimmen", kündigten die Grünen an. Sie forderten Oberbürgermeister Jörg Schulz auf, die Hintergründe des für die Stadt so ungünstigen Geschäfts aufzuklären.

Der Magistrat gab bereits vor zwei Wochen grünes Licht für abschließende Verhandlungen mit dem holländischen Interessenten. Allerdings steht die Beurkundung wie üblich noch unter dem Vorbehalt, dass die Gremien der Stadtverordnetenversammlung auch tatsächlich zustimmen. Die müssen nun in den kommenden Tagen oder Wochen sagen, ob sie mit dem Verkauf unter den vom Magistrat beschlossenen Bedingungen einverstanden sind.

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