Freitag, Oktober 10, 2008

Mediterraneo in Bremerhaven eröffnet - Weiterer Einzelhandel mit öffentlicher Finanzhilfe...


Die südlichste Einkaufslandschaft der Bundesrepublik steht in Bremerhaven.

Mit diesem Anspruch möchte das am 9. Oktober 2008 eröffnete "Mediterraneo" künftig eine Millionenschar kauflustiger Besucher von nah und fern anlocken. Als Investor und Betreiber der Einrichtung fungiert die Buxtehuder AVW Immobilien AG. Sie rechnet für die rund 40 Geschäfte mit einem jährlichen Umsatzvolumen von etwa 25 Millionen Euro.

AVW charakterisiert das Bremerhavener Mediterraneo als ein "in Deutschland bislang einzigartiges Einzelhandelskonzept". Das 8600 Quadratmeter große "themenorientierte Erlebnis-Einkaufszentrum an der Weser" kann nach AVW-Einschätzung jährlich mit rund 1,8 Millionen Besuchern rechnen. Gemeinsam mit den anderen Einrichtungen wie dem Auswandererhaus, dem Schiffahrtsmuseum, dem Zoo und dem künftigen Klimahaus habe Bremerhaven jetzt "ein einzigartiges Freizeit- und Erlebnisquartier" zu bieten.

Wirtschaftssenator Ralf Nagel nannte das Mediterraneo "etwas, das wir über die Stadt hinaus mit Stolz zeigen können". Er appellierte an die auswärtigen Kunden: "Lassen Sie möglichst viel Geld hier, denn das ist gut für die Stadt." Oberbürgermeister Jörg Schulz erinnerte an die langjährigen und teilweise sehr kritischen Diskussionen über die mediterrane Einkaufslandschaft hinter dem Weserdeich und hoffte, mit dem Ergebnis nun auch die Kritiker zu überzeugen. Sein Wunsch: "Möge das Mediterraneo weit über Bremerhaven hinaus seine Strahlkraft entwickeln."

Am ersten Tag pilgerten die Besucherscharen zum Start um kurz nach 9 Uhr zwar noch etwas verhalten in das mediterran gestaltete Einkaufsensemble hinter dem Weserdeich, aber im Laufe des Vormittags füllten sich die Gänge zusehends.

Der erste Eindruck war bei der überwiegenden Zahl der Besucher eindeutig positiv, zumal gleichzeitig auch die Glasbrücken-Verbindung zwischen der alten Stadtmitte und dem neuen Zentrum eingeweiht wurde. "Nie mehr außen rum", freute sich Wirtschaftssenator Ralf Nagel über die spektakulär wirkende "Havenbrücke", die sich auf einer Länge von 103 Metern über die Columbusstraße und den Alten Hafen schwingt.

Der Bremerhavener Oberbürgermeister Jörg Schulz sprach von einem "sehr anspruchsvollen Bauwerk", das manchem Beteiligten ein paar graue Haare mehr eingebracht habe. Schulz spielte damit auf erhebliche Komplikationen während der Bauzeit der Brücke an, die letzten Endes auch zu einem Anschwellen der Gesamtkosten auf mehr als zehn Millionen Euro geführt hatte.

Aber über die Kosten für die öffentliche Hand wollte gestern keiner der Verantwortlichen gerne sprechen, denn alles richtete den Blick entschlossen auf die kommenden Zeiten. Schließlich gab es mit der dreifachen Einweihung von Glasbrücke, Mediterraneo und großer Plaza zwischen Mediterraneo und Klimahaus einen weiteren spürbaren Ruck bei der Fertigstellung der Havenwelten, die mit insgesamt mindestens 320 Millionen Euro aus öffentlichen Kassen gefördert werden.

Oberbürgermeister Schulz nannte das ungewöhnlich gestaltete Einkaufszentrum als Beleg dafür, dass in Bremerhaven "Neues umgesetzt" werden könne. "Wir waren immer die Stadt des Aufbruchs", meinte Jörg Schulz und fügte mit Überzeugung hinzu: "Wir befinden uns auf dem richtigen Weg."

Die ersten Wege durch das Mediterraneo machten allerdings deutlich, dass noch etwa ein halbes Dutzend Ladenlokale auf eine Nutzung warten. Große Aufkleber mit dem Satz "Hier öffnet demnächst... Ihr Fachgeschäft" machten Werbung für kommende Verbesserungen. Aber auch zum Start hatte das Mediterraneo schon so ziemlich alles zu bieten, was ein Einkaufszentrum braucht.

Ein Schwerpunkt in den beiden Gassen zwischen dem Eingangsbereich und der großen Piazza ist der Bekleidungsbereich. An führender Stelle auf 1500 Quadratmetern mit dabei sind die Milani Moden, ein Ableger des traditionsreichen Bremer Fachgeschäfts "Harms am Wall". Dessen Geschäftsführer Hans Eulenbruch zeigte sich von Anfang an vom Mediterraneo-Konzept begeistert und investierte jetzt nach eigenen Angaben etwa eine Million Euro in Bremerhaven.

"Das ist eine Super-Geschichte", lautet seine Einschätzung. Zwar seien auch Filialisten unter dem gemeinsamen Dach aktiv, aber entscheidend seien die inhabergeführten Fachgeschäfte. Eulenbruch: "Das Mediterraneo strahlt eine einzigartige Wohlfühlatmosphäre aus und unterscheidet sich deutlich vom allgemeinen Innenstadt- und Center-Einheitsbrei." Viele Menschen, die heute noch zum Einkaufen nach Bremen, Hamburg oder Oldenburg führen, könnten künftig in Bremerhaven ein "Weltstadtangebot" genießen.

Außer der Modebranche vertreten sind die Segmente Parfümerie, Brillen, Telefone, Spielwaren, Badeartikel, Zeitungen und Telefon. Auch ein Obst- und Gemüsestand hat seinen Stand in den imitierten südlichen Gefilden aufgebaut. Selbstverständlich fehlen auch nicht die gastronomischen Angebote mit Eis, Crepes und Kaffee.

Aufgeschlüsselte Angaben über die AVW-Investitionen im Mediterraneo liegen aktuell nicht vor. AVW selbst spricht von insgesamt 45 Millionen Euro - eine Zahl, die weit oberhalb der vom Magistrat genannten Summe von 37,5 Millionen Euro liegt. Darin enthalten sind 7,8 Millionen Euro, die von der Stadt Bremerhaven für den Bau der gläsernen Kuppel als einer "städtebaulichen Dominante" beigesteuert wurden.

Ebenfalls Bestandteil der AVW-Investition ist die Tiefgarage, die mit bis zu 16 Millionen Euro zu Buche schlagen dürfte. Für die Nutzung der 500 Stellplätze konnte der Investor einen langfristigen Vertrag mit der Städtischen Wohnungsgesellschaft (Stäwog) abschließen. Über eine Tochtergesellschaft sorgt die Stäwog mit regelmäßigen jährlichen Zahlungen für die Finanzierung - unabhängig von der Höhe der Einnahmen aus Parkgebühren. Gefüllt wird die laut Magistrat unvermeidbare Deckungslücke durch den städtischen Haushalt.

Genaue Angaben fehlen auch noch über die entstehenden Arbeitsplätze. Der Magistrat geht von 260 neuen Beschäftigten im Mediterraneo aus, von denen 170 in Teilzeit tätig sein sollen. Oberbürgermeister Jörg Schulz äußerte während der Eröffnung ausdrücklich nur die allgemeine Hoffnung auf eine "Vielzahl guter und auskömmlicher Arbeitsplätze".

Für Erstaunen sorgte die Meldung, dass der seit 2006 für die AVW tätige Vorstandsvorsitzende Michael Rohrbach kurz vor der Mediterraneo-Eröffnung das Unternehmen verließ. Die Begrüßung am Eröffnungstag übernahm bereits sein Nachfolger Joachim Schwarz.

Labels: , ,