Montag, Dezember 03, 2007

Bisher ist doch alles gut gegangen - auch in Bremerhaven ist ein verantwortungsloser Umgang mit den Klimaproblemen immer noch üblich

Die Mehrheit der Bremerhavener Kommunalpolitiker hat den Schuss offensichtlich noch nicht gehört. Während die Warnungen vor den Folgen des Klimawandels immer dramatischer werden, gestaltet sie ihre Politik weiter im gewohnten Gang und in den alten Bahnen.

Ein schönes Beispiel dafür lieferte am vergangenen Dienstag die Nordsee-Zeitung: Auf der Politikseite war ein Interview mit dem "Umwelt-Vordenker" Jakob von Uexküll zu lesen, in dem er im Einklang mit dem Weltklimarat der UN die bisher "viel zu wenigen" und "viel zu kleinspurigen" Maßnahmen gegen den Klimawandel kritisierte.

Uexküll erinnerte an die rasend schnelle wirtschaftspolitische Kehrtwende Englands und der USA, als sie durch den Nationalsozialismus bedroht waren. Da hätten sie "keine Dreißigjahrespläne, sondern Dreimonatspläne" gemacht und ihre Volkswirtschaften in aller Eile auf die Notwendigkeiten des Kampfes gegen die bedrohlichen Nazis umgestellt.

Ein solches "Verständnis von Dringlichkeit" müsse endlich auch für den Umgang mit dem Klimawandel gelten, mahnte von Uexküll und forderte drastische Eingriffe.

Wer das Zeitungsblatt umdrehte, fand dort ein Beispiel für die trotz aller Erkenntnisse fortdauernde politisch Blindheit - die Meldung, dass Bremerhavener Politiker ein Kohlekraftwerk auf der Luneplate wollen, weil es sonst "direkt vor der Nase in Blexen" entstehen könnte.

Es gibt da die schöne Geschichte von dem Mann, der aus dem 23. Stockwerk eines Hochhauses gestürzt ist. Als er am 16. Stockwerk vorbeigeflogen kommt, murmelt er zufrieden: "Bisher ist alles gut gegangen."

Wer die ungebrochene Raserei unserer politischen und wirtschaftlichen Führungskräfte direkt hinein in die ökologische Sackgasse beobachtet, erkennt in dem stürzenden Mann ihren Bruder im Geiste.

Denn bisher ist doch wirklich alles gut gegangen - oder?

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Sonntag, Dezember 02, 2007

Mehrheit der Bremerhavener Kommunalpolitiker will ein Kohlekraftwerk - ohne Rücksicht auf die Klimaproblematik

Die Mehrheit der Bremerhavener Kommunalpolitiker wünscht sich ein Kohlekraftwerk auf der Luneplate, weil neue Arbeitsplätze und mehr Gewerbesteuereinnahmen locken. Oberbürgermeister Jörg Schulz betont, dass im vergangenen Jahr hinter den Kulissen intensiv verhandelt wurde, allerdings bisher ohne Erfolg. Nur die Grünen kritisieren das Vorhaben unter Verweis auf die aktuelle Klimadiskussion als groteske Fehlentwicklung.

"Es ist schon eine schizophrene Situation", meint der grüne Fraktionsvorsitzende Dr. Ulf Eversberg und nennt die dramatischen Erkenntnisse über den Klimawandel als Beleg, dass eine drastische Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen unabweisbar sei. Vor diesem Hintergrund über "klimaschädliche Kohlekraftwerke" im Land Bremen nachzudenken, gehe in die völlig falsche Richtung, macht Eversberg deutlich.

Unklar ist zur Zeit, ob die Bremerhavener Kohlekraftwerksdiskussion überhaupt noch einen ernsthaften Hintergrund hat oder ob nur die üblichen kommunalpolitischen Rangeleien ausgetragen werden. Allerdings nahm Oberbürgermeister Schulz die Diskussion als Anlass, um die vor fast anderthalb Jahren gestarteten Verhandlungen mit einem "Schweizer Investor" detailliert nachzuzeichnen.

Dabei seien von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS mehrere Grundstücke in der Stadt ins Gespräch gebracht worden, unter anderem auf der Luneplate. Allerdings habe der Investor dann die erbetenen Unterlagen über sein Projekt nicht vorgelegt und mitgeteilt, dass er einen anderen Standort bevorzuge. Danach soll es seit etwa zwölf Monaten keine weiteren Bremerhavener Kontakte mehr zu diesem Investor gegeben haben.

Gleichwohl bietet Schulz jetzt an, sich erneut für das Kohlekraftwerk auf der Luneplate einzusetzen, "wenn die Parteivorsitzenden der großen Koalition eine solche Ansiedlung persönlich unterstützen". Er erwarte, "dass die Politik dahintersteht", betonte der Bremerhavener Oberbürgermeister, sonst werde die Arbeitskraft der städtischen Wirtschaftsförderer "unnötig vergeudet". Die so Angesprochenen reagierten irritiert, weil ihre positive Haltung längst klar sei.

In der kommunalpolitischen Diskussion bisher nicht aufgenommen wurde die Argumentation der Grünen, dass auch moderne Kohlekraftwerke im Gegensatz zu den klimapolitischen Notwendigkeiten riesige Mengen CO2 ausstoßen, auch wenn sie möglicherweise besser seien als "die alten Dreckschleudern". Eversberg: "Wir müssen jetzt endlich auch in Bremerhaven Farbe bekennen und uns deutlich für den Klimaschutz und die Herabsenkung des CO2-Ausstoßes einsetzen." Dazu müssten endlich "konkrete Handlungsstrategien" entwickelt werden.

Uneingeschränkte Unterstützung erhält diese Position durch den bekannten Klimaforscher Professor Mojib Latif. In einem Interview mit der NZ mahnte er, es dürfte weder Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke noch neue Kohlekraftwerke geben. "Sonst kommen Wirtschaft und Technik nicht ins Handeln", lautete seine Begründung. Nur durch einen solchen Druck durch verlässliche politische Rahmenbedingungen werde der Einfallsreichtum der Wirtschaft wirksam angestachelt.

Professor Latif warnte mit Nachdruck vor einer Verharmlosung der Folgen des Klimawandels und daher vor einem weiteren Hinausschieben drastischer Entscheidungen. Auf die Frage, ob es denn passieren könne, dass eine Stadt wie Cuxhaven in Folge des ansteigenden Meeresspiegels nicht zu halten sei und verlegt werden müsse, meinte der Wissenschaftler: "Das kann schon sein..."

Daher müsse die Weltwirtschaft komplett auf erneuerbare Energien wie Sonne, Wasserkraft und Wind umgestellt werden. Professor Latif: "Je früher wir damit anfangen, desto besser."

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