Sonntag, Januar 30, 2005

Streusalz reichlich...


"Viel hilft viel", heißt ein altes Motto, das aber bekanntlich nicht allzu viel taugt. Trotzdem halten sich immer noch Menschen an solche kuriosen Grundsätze - beispielsweise hier in Lehe, wo das Streusalz vorsichtshalber fast in Fingerdicke auf dem Fußweg ausgebreitet wurde.

Als dann tatsächlich ein paar Schneeflocken angeflogen kamen, hatten sie keine Chance. Der "Viel-hilft-viel"-Reinigungsdienst hatte die ungleiche Schlacht rechtzeitig für sich entschieden. So funktioniert das Prinzip eben: Wer mit Kanonen auf Spatzen schießt, macht sich zwar lächerlich, aber er befördert selbstverständlich die kleinen Vögel erfolgreich ins jenseits - gemeinsam mit einigen anderen Opfern am Rande des Geschehens.

Aber an solche Kollateralschäden musste sich die Welt ja in ziemlich dramatischen Ausmaßen gewöhnen. In puncto Ökologie und Streusalz handelt es sich selbstverständlich um einen eindeutig minder schweren Fall gedanklicher und praktischer Verirrung.

Und noch etwas: "Einem hilft es immer", betonte schon der sprichwörtliche Apotheker bei der Ausgabe der Medikamente - und steckte zufrieden das Geld in die Tasche.

Labels:

Dienstag, Januar 18, 2005

Bürokraten-Zeugnisse

Von anderen Menschen Leistungen verlangen und selbst nicht viel auf der Pfanne haben - das gehört zum altbekannten Bild eines peinlichen Spießers. Jeder kennt solche Geschichten, beispielsweise von dem Handwerksmeister, der nur Auszubildende mit tadellosen Realschulzeugnissen einstellt, aber selbst nicht in der Lage ist, einen Brief auch nur halbwegs fehlerfrei zu Papier zu bringen.

Die Bremer Bildungsbehörde scheint auf ähnlichen Pfaden herum zu stolpern, wenn man die von ihren Mitarbeitern entworfenen Beispiel-Zeugnisse für die 4. Klassen des Landes betrachtet. Am Beispiel einer ausgedachten "Claudia Muster" soll den Lehrerinnen und Lehrnachhinein der amtlichen Hilfestellung vorgeführt werden, wie sie gefälligst zu arbeiten haben. Und dann kommt's: Mehr als 20 Grammatik-, Tipp- und Rechtschreibfehler sind auf den paar Seiten zu finden - von "resprektiert" über "Wörder", "gut lesebar" und "Fragestelungen" bis zu "Werstoffen" und klein geschriebenen "herbstferien".

Man ahnt, wie solche luschigen Bildungsbürokraten im umgekehrten Fall über die Lehrerinnen und Lehrer herfallen würde. Aber die hätten angesichts ihrer noch weiter gewachsenen Belastungen durch bürokratische Auflagen sicherlich inzwischen Gründe genug, Flüchtigkeitsfehler zu machen. Schließlich ist es keine Kleinigkeit, für jedes einzelne der 25 oder 30 Kinder einer Klasse ausführliche Beschreibungen über deren Arbeits- und Sozialverhalten sowie über die Leistungen in mehr als einem halben Dutzend Unterrichtsfächer anzufertigen.

Besonders peinlich ist, dass ein solch fehlerhaftes Schreiben innerhalb einer Behörde weitergereicht wird, ohne dass irgendjemand zwischendurch überhaupt noch darin liest. Auch bei den Bremerhavener Bildungsexperten scheint niemand etwas gemerkt zu haben, denn das vermurkste Musterbeispiel machte unangefochten seinen Weg bis ans Ziel - anscheindend ganz nach dem Motto "Arbeiten können die anderen, denn wir selbst haben ohnehin schon genug zu tun".

Labels:

Donnerstag, Januar 13, 2005

Weddewardener verlieren Klage gegen den weiteren Ausbau des Bremerhavener Containerterminals

Die Bewohner Weddewardens haben den Kampf für ihr Dorf und gegen den näher heran rückenden Containerterminal verloren. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen wies die Klage von 60 Einwohnern des Bremerhavener Stadtteils gegen den Bau des CT 4 zurück. Nach Auffassung des Gerichts wurde den öffentlichen Belangen zu Recht erhebliches Gewicht beigemessen. Die Lärmschutzproblematik sei für die Weddewardener „angemessen gelöst“ worden.

Als entscheidend wertete das OVG die Erwartung, dass die vorhandene Kapazität des Bremerhavener Containerterminals angesichts weiterer beträchtlicher Zuwachse der weltweiten Container-Verkehr nicht ausreichen werde. Außerdem könne angenommen werden, dass von der Hafenerweiterung auch deutliche positive Beschäftigungseffekte ausgehen werden, meinte das OVG.

Wirtschaftssenator Dr. Peter Gloystein begrüßte das „klare Signal für den viertgrößten Containerhafen des Kontinents sowie für Reedereien und Verlader im In- und Ausland“. Das Urteil schaffe Planungssicherheit und sei von größter Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung im Land Bremen. Auch Bremenports-Geschäfts­führer Jürgen Holtermann zeigte sich erfreut, äußerte aber gleichzeitig seinen Respekt vor den Klägern. Sie hätten „Einschränkungen und Belastungen“ zu tragen. Holtermann bot den Weddewardenern einen „fairen Dialog“ über Entwicklungsmöglichkeiten des Ortes an.

Samstag, Januar 08, 2005

Deutsches Auswandererhaus in Bremerhaven

Das künftige Deutsche Auswandererhaus am Neuen Hafen soll bekanntlich auf zwei großen inhaltlichen Säulen stehen - der anschaulichen Darstellung der geschichtlichen Auswanderung und der Darstellung der globalen Migration heute. Allerdings gibt es auf Bundesebene Institutionen, die sich bereits als Kompetenzzentren für Migration etabliert haben. Eine ärgerliche Konkurrenz für Bremerhaven oder eine zusätzliche Möglichkeit zur Kooperation?

"Bundesamt für Migration und Flüchtlinge" (BAMF) heißt die Institution, die durch das soeben in Kraft getretene Zuwanderungsgesetz ein neues Profil erhalten soll. "Die Behörde soll zu dem nationalen Kompetenzzentrum für Migration und Integration ausgebaut werden", heißt es dazu in der Dezember-Ausgabe der Fachzeitung Behörden-Spiegel. "Deshalb legt man großen Wert auf die Entwicklungen im didaktischen Bereich." Angesichts solcher Aussagen dürfte es für das Bremerhavener Auswandererhaus auf der Hand liegen, möglichst bald die Fühler in Richtung Berlin auszustrecken, um die Möglichkeiten zur praktischen Kooperation auszuloten.

Diese Einschätzung teilt die neue Auswandererhaus-Direktorin Sabine Süß ausdrücklich. Dabei hebt sie hervor, dass die konzeptionellen Arbeiten am Auswandererhaus-Schwerpunkt "aktuelle Migration" zur Zeit eher noch "in den Kinderschuhen stecken". Deshalb stuft sie die Informationen über das Bundesamt für Migration als sehr interessant ein und geht davon aus, dass für das Bremerhavener Auswandererhaus eine "spannende Kooperation" mit den Berlinern möglich sein könnte.

Allzuviel Konkretes kann sie darüber zum jetzigen Zeitpunkt selbstverständlich noch nicht sagen. Allerdings kristallisiert sich ihrer Meinung nach heraus, dass die bisher verwendete Bezeichnung "Kompetenzzentrum" in Sachen Auswanderung ein wenig zu hoch gegriffen ist. Wer in den Unterlagen des Projekts Deutsches Auswandererhaus blättert, findet dort aus der Zeit der Grundsteinlegung Anfang Oktober vergangenen Jahres sogar Äußerungen von Andreas Heller, man wolle in Bremerhaven "das führende europäische Kompetenzzentrum zum Thema Auswanderung" aufbauen.

Sabine Süß relativiert inzwischen vorsichtig solche Ansprüche und spricht statt dessen von einer "Anlaufstelle für Informationen", wo Interessenten in jedem Fall einen ersten Überblick über das große Problemfeld gewinnen können. Hinzu kommen sollen nach ihren Vorstellungen Anregungen und Hilfestellungen für die weitere Suche nach exakteren Auskünften und Informationsquellen.

Interessante Kooperationsmöglichkeiten könnten sich für das Auswandererhaus möglicherweise auch aus der Tatsache ableiten lassen, dass es in Berlin eine Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration gibt, die seit 1998 Marieluise Beck heißt und sich als Politikerin der Bremer Grünen einen Namen gemacht hat. Sie müsste große Freude daran haben, dass ihr Aufgabengebiet in Bremerhaven künftig in einem publikumswirksam gestalteten Erlebniszentrum beleuchtet werden soll.

Weitere Nachforschungen zeigen, dass es auch beim Bundesverwaltungsamt in Köln eine Abteilung gibt, die als "Informationsstelle für Auswanderer" tätig ist. Hier werden seit 1959 alle für die Auswanderung bedeutsamen Unterlagen gesammelt und ausgewertet. Dazu zählt unter anderem die Beratung der Wohlfahrtsverbände in allen Angelegenheiten des Auswanderungswesens sowie die Sammlung vielfältigster Informationen über die potentiellen Zielländer deutscher Auswanderer, von den Einreise- und Zollbestimmungen über arbeitsrechtliche Regelungen bis zu kulturellen Besonderheiten.

Auf Nachfrage lässt Auswandererhaus-Direktorin Sabine Süß keinen Zweifel daran, dass alle diese Möglichkeiten sorgfältig zu prüfen sind. Aber man müsse auch klare Prioritäten setzen, damit den Besucherinnen und Besuchern beim Start des Auswandererhauses am 8. August dieses Jahres ein Paket attraktiver Angebote präsentiert werden kann. Mit Hochdruck wird nach ihren Angaben zur Zeit auch noch an der Web-Seite gearbeitet, deren Ankündigung bereits zu besichtigen ist - unter "www.deutsches-auswandererhaus.de". Telefonisch gibt es Informationen unter der Nummer 0471-902200.

Tsunami-Welten

Tsunami-Welten

Door sammelt wi nu woller de Biller un de Tahlen tohoop un schüddelt mit'n Kopp. De Biller un de Tahlen vun all dat Rungeneerte un Ramponeerte un vun all de dooden Minschen, de wietaf vun uuse noorddüütsche Welt in de grooten Tsunami-Bülgen versapen sünd. 50000 or 100000 or noch mehr Lieken, nadem dat sik an'n Grund vun'n Ozean groote Placken vun de Eer över'n anner rumpelt hebbt un desterwegen överbasig groote Bülgen op dat Land to lopen sünd.

Wi leest de Tahlen, wi laat uus dat Worüm verklaren, lüüstert na de Berichten vun Minschen, de door merrnmang weern - un liekers begriept wi nich, wat door worraftig passeert is. Wi seht de Biller mit all den Grugel, höört vun de veelen Helperslüüd, spendeert sülbens Geld för dat Oprüümen - un uuse Seel kann doch keen rechten Togang to düsse Schehnisse finnen. Wi hebbt uusen Alldag to beschicken, mööt arbeiten, inköpen, Lüüd besöken, mookt Fieravend, loopt na'n Stammdisch, gaht na de Puuch - un suutje slippt uus de Grugel woller ut'n Kopp.

Wi schuuvt an de Kant, wat passeert is. Wi schuuvt dat jüst so an de Kant, as all den annern Grugel, de annerwegens döör de Welt störmt un maal hier hunnert un maal door dusend un annerwegens villicht sogaar tweehunnertfoftigdusend Minschen to Dood bringt. Se starvt vör Hunger, ward doot slahn, in de Luft sprengt, verbrennt. Wi verstaht dat nich, hebbt Mitleed, helpt maal 'n beten mit Geld - un leevt uusen Alldag.

Un eegenlich hebbt wi ja ook keen annern Padd för uus Doon un Handeln vör Oogen. Bloots denn un wenn weer't villicht ganz goot, wenn wi uus tominnst maal still door över freuen kunnen, dat wi sülbens twüschen all den Grugel woller doorvun kamen sünd. Un dat wi desterwegen door 'n Oog op hebben wüllt, dat de groote Politik nich bloots dat Schieten op de gröttsten Hümpels organiseert. Dat wi uuse Stimm wedder den oolen Globaliseeren-Padd in de Waagschaal smieten doot un 'n anner Aart vun Globaliseeren hebben wüllt - tosamen mit de veelen Minschen allerwegens op de Eer, de bit herto mehrstendeels to kort keemen.

Globaliseeren heet ook, dat wi för dat Utglieken un Tareeren sorgt - nich bloots na Tsunamis, man ook bi annern Grugel, den de Minschen vun de Natuur un vun annere Minschen lieden mööt. Un ook uuse Weertschaft kann denn un wenn 'n Slag hen na mehr Gerechtigkeit goot verdregen.

Wenn düsse grugelige Tsunami as'n Wink ansehen ward, dat wi op de Eer mehr tohoop un mehr een för den annern handeln mööt, denn hett he blangen all dat Lieden tominnst 'n lütt beten wat Goodes anricht.

Detlef Kolze