Dienstag, Mai 29, 2007

Autobahngegner protestieren gegen bloße Transitstrecke

Koordinationskreis der Bürgerinitiativen gegen die A22 / Pressemitteilung vom 29. Mai 2007

60 Jahre Marshallplan – Bundeskanzlerin Merkel soll G8-Gipfel für neue globale Marshallplan-Initiative nutzen

Die Initiativen gegen die A 22 von Westerstede bis zur Elbe appellieren in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, am 5. Juni, dem 60. Jahrestag des Marshallplans, öffentlich einen globalen Marshallplan zu fordern, der die Rahmenbedingungen für einen sozial gerechten und umweltverträglichen Welthandel schaffen soll. Deutschland trage hier eine besondere Verantwortung, habe der Marshallplan doch erst den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg ermöglicht.

Auch die A 22 sei eine Folge der ungeregelten Globalisierung. „Die gegenwärtig vom Land Niedersachsen und der Logistiklobby mit Nachdruck vorangetriebenen Planungen zum Ausbau der Straßenverkehrsinfrastruktur sind ganz offensichtlich darauf ausgerichtet, Niedersachsen im Zuge der Globalisierung zu einem Transitland für den LKW-Verkehr zu machen“, heißt es in dem Schreiben. Die Planung einer Parallelstrecke A 22 zu der vorhandenen A 1, die sechsspurig ausgebaut wird, könne anders kaum erklärt werden. Dabei werde einseitig auf die Interessen weniger Großunternehmen und den klimaschädlichen Straßenverkehr gesetzt. Auf der Strecke blieben die lokale mittelständische Wirtschaft und die damit verbundenen Sozialstrukturen.

Die kurzsichtigen Vorstellungen von zeitlich und räumlich uneingeschränkt wachsendem Handel würden diese Autobahn auf den Plan bringen und Politiker zu Handlangern der negativen Auswüchse der Globalisierung machen. Sei die A 22 aber erst gebaut, wären Natur und Landschaft zerstört und die Existenzen der mittelständischen Wirtschaft, die mit ihrer Steuerleistung und stabilen Beschäftigung am meisten zum Wohlergehen des Staates beiträgt, vernichtet, ohne im Gegenzug einen Gewinn für die Region bewirkt zu haben.

„Alle wollen Gewinner der Globalisierung sein“, stellt Uwe Schmidt, Sprecher der Initiativen gegen die A 22 fest. „Damit aber tatsächlich alle Menschen dieser Erde gewinnen können, müssen Rahmenbedingungen eines globalen Marshallplans die Sozial- und Umweltverträglichkeit des Welthandels garantieren.“ Sonst werde es nur wenige Gewinner geben, aber viele Verlierer und wenig Frieden.

Weitere Informationen unter "www.a22-nie.de".

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Freitag, Mai 25, 2007

Kann die große Koalition in Bremerhaven doch weitermachen?

Noch etwas unübersichtlich entwickelt sich die Lage in der Bremerhavener Kommunalpolitik nach der Wahl vom 13. Mai. Die Sozialdemokraten pendeln zwischen der vertraut-verlässlichen großen Koalition mit der CDU und einer wagemutigeren Neuorientierung, die in der Seestadt außer den Grünen aber auch die Freien Demokraten mit einschließen müsste. Heute will sich der SPD-Parteivorstand entscheiden.

Das Bremer Vorbild einer Zusammenarbeit mit den Grünen gilt auch in der SPD als durchaus attraktiv, zumal die langen Jahre der großen Koalition mit heftigen Verlusten des Wählervertrauens einher gegangen sind. Allein in den vergangenen vier Jahren verbuchten SPD und CDU ein Minus von 9,5 Prozentpunkten und stärkten durch ihre Politik die kleineren oppositionellen Parteien.

Allerdings verfügen SPD und Grüne nur über 22 von 48 Sitzen im Stadtparlament, so dass die FDP mit ihren 5 Sitzen für eine sichere Mehrheit benötigt würde. Das Problem: Die Bremerhavener FDP gilt bei den Sozialdemokraten ebenso wie bei Bündnis 90 / Die Grünen nicht gerade als ein Musterbeispiel der Gradlinigkeit und Abgewogenheit.

Unübersehbar vorgeführt wurde das vom FDP-Spitzenkandidaten Mark Ella, als er gleich nach der Wahl reichlich auftrumpfend mitteilte, dass einige Positionen seiner Partei "nicht verhandelbar" seien, beispielsweise die Nordumgehung zum Containerterminal als Alternative zum geplanten Ausbau der Cherbourger Straße sowie eine Senkung der Gewerbesteuer. "Hier sehe ich schwarz, weil die SPD mit Zustimmung der Grünen gerade erst den Gewerbesteuersatz erhöht hat", stellte Ella ausdrücklich fest und löste bei den potentiellen Partnern prompt ein irritiertes Kopfschütteln aus.

Zwar ruderte Ella später vorsichtig zurück und meinte: "Eine Annäherung in einigen uns wichtigen Punkten scheint möglich." Allerdings seien einzelne FDP-Forderungen weiterhin "auf wenig Gegenliebe" gestoßen. Da die SPD während des Gesprächs das größere Entgegenkommen der CDU ausdrücklich erwähnt habe, blieb für Ella "ein fader Beigeschmack". Unter dem Strich registrierte er einen "Restverdacht, dass die SPD versucht, die FDP als Buhmann zu missbrauchen, um ungestört die Demokratur der großen Koalition weiterzuführen".

Im Gegensatz dazu kommunizierten SPD und Grüne nach eigener Einschätzung sehr sachlich und pragmatisch miteinander, so dass auf dieser Seite einer möglichen Ampelkoalition kaum Hürden zu überwinden wären. "Wir können uns auf sehr viele Übereinstimmungen stützen", konstatiert der Bremerhavener SPD-Vorsitzende Siegfried Breuer. Fundamentale Streitpunkte existierten nicht, so dass die Basis für eine Kooperation zweifellos gegeben sei.

Gleichzeitig lässt aber die Bremerhavener CDU keinerlei Zweifel daran, dass sie ein sehr großes Interesse an einer Fortsetzung der großen Koalition hat. "Ich sehe überhaupt keinen Grund, die Koalition mit der SPD nach einer achtjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit nicht fortzusetzen", betont der CDU-Vorsitzende Michael Teiser und verbindet damit Angebote, die für die Seestadt-Sozialdemokraten durchaus verlockend klingen, wie Breuer bestätigt.

"Wir konnten uns in den Gesprächen auf viel mehr Gemeinsamkeiten verständigen als vor vier Jahren", stellt er erfreut fest. Dies schließe sogar veränderte Akzente in der Bildungspolitik ein, die in Richtung auf mehr integrative Systeme zielen. Ein weiterer wichtiger Punkt für die SPD: Der Haushalt hätte mit der CDU eine sichere Mehrheit.

Wenn der Parteivorstand der Bremerhavener SPD heute wie geplant zu einem Beschluss kommt, soll am kommenden Dienstag auf einem Parteitag die Entscheidung über die künftige Koalition fallen. Allerdings bezeichnete Breuer es als "denkbar, dass wir uns noch eine Woche Zeit nehmen".

Bremerhaven.
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Mittwoch, Mai 16, 2007

Gedankenspielereien über das Ergebnis der Bremerhavener Wahl vom 13. Mai 2007

In Deutschland kommt selbst die Kommunalpolitik kaum daran vorbei, jede noch so winzige Detailentscheidung mit ideologischen Grundpositionen zu verknüpfen. Ein gesunder Pragmatismus mit dem Mut zum offenen Blick auf die Realität bleibt auf der Strecke, weil allerorten festgenagelte Prinzipien im Wege stehen. Die Diskussionen nach der jüngsten Bremerhavener Wahl illustrieren dieses Dilemma.

Jahrelang hat die große Koalition hinter den Kulissen diskutiert und dem staunenden Volk nur noch die propagandistischen Trompetentöne über die Beschlüsse zugemutet. Die engagierte öffentliche Suche nach überzeugenden Argumenten in der Sache war überflüssig, weil die Koalitionsarithmetik das entscheidende Kriterium darstellte. So gelangten Leute auf Posten, weil sie einer Partei nahe standen und nicht etwa, weil sie sich durch zukunftsweisendes Denken und Handeln profiliert hatten.

Wie Mehltau legt sich ein solches Muster über alle Facetten der Kommunalpolitik und erstickt die öffentliche Beteiligung. Über eine Schulpolitik, die aus den Erfahrungen anderer lernt, wurde daher nicht offen diskutiert, sondern nur ideologisch herumtaktiert. Das von der CDU so heiß geliebte durchgängige Gymnasium beispielsweise ist nichts als ein Reflex auf die langjährige SPD-Schulpolitik und hat mit neuen Wegen in die Zukunft absolut nichts zu tun. Ideologisch motivierte späte Rache und Nostalgie blockieren aber richtige politische Weichenstellungen, die nach dem Vorbild anderer Länder auf eine zehnjährige gemeinsame Schule für alle Kinder mit optimaler individueller Förderung hinführen müssen.

In der kommunalen Finanzpolitik praktiziert die große Koalition mit Oberbürgermeister Schulz an der Spitze eine Realitätsverleugnung, die immer verantwortungsloser wird. Zyniker würden sagen, dass genau darin ein Grund für die Fortsetzung dieser Koalition läge - damit sich die CDU nicht klammheimlich aus ihrer Verantwortung für das ins Riesenhafte gewachsene finanzielle Desaster verabschieden kann. Allerdings dürfte dadurch auch die Vertuschung noch eine Zeitlang weitergehen, und das könnte die Probleme nur verschärfen.

Genau diese Offenlegung der aufgetürmten finanziellen Lasten und Risiken wird eine zentrale Aufgabe der neuen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung sein. Sie muss die für Jahrzehnte bestehenden und teilweise noch versteckten Verpflichtungen in Folge der neu geschaffenen und für eine so kleine Stadt übergroßen Infrastruktur sichtbar machen, damit die schrumpfenden Spielräume für die Schul- und Sozialpolitik erkennbar werden.

Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine rot-grüne Minderheitskoalition das richtige Rezept, weil die wirkliche Lage der Stadt durch die kritischen Diskussionen ans Licht gebracht würde. Dass in dem entstehenden Durcheinander auch schmutzige Wäsche gewaschen wird, würde die Ehrlichkeit der Bilanz befördern. Dass die SPD an einer solchen Ehrlichkeit Interesse hätte, dürfte allerdings mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Das Nachdenken über eine solche Öffnung der Kommunalpolitik zugunsten einer größeren Transparenz und eines ehrlichen Neubeginns hat der berühmte Publizist Karl Kraus auf unnachahmliche Weise formuliert: "'Ordnung muss sein', sagte der Anarchist und warf die Bombe ins Rathaus."

Detlef Kolze

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Montag, Mai 14, 2007

Zum Bremerhavener Ergebnis der Wahlen vom 13. Mai 2007

Auch in Bremerhaven brachte die jüngste Wahl eine spürbare Klatsche für die große Koalition. Allerdings fiel hier das Minus bei der SPD mit 2,1 Prozent nicht so krass aus wie in Bremen, während es für die CDU mit 7,3 Prozent um so drastischer zu Buche schlug. Die voraussichtliche Sitzverteilung in der Stadtverordnetenversammlung sorgte für nachdenkliche Gesichter, weil Rot-Grün allein keine Mehrheit hätte.

Vor diesem Hintergrund wollen die Bremerhavener Sozialdemokraten am Dienstagabend (15. Mai) im Parteivorstand darüber, auf welche Weise in der kommenden Woche Sondierungsgespräche mit dem bisherigen Partner CDU sowie mit Grünen und Freien Demokraten geführt werden, um die Chancen einer erneuten großen Koalition oder einer Ampelkoalition auszuloten. Am 29. Mai soll dann ein Parteitag die Weichen für konkrete Koalitionsverhandlungen stellen.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erhält die SPD in der Stadtverordnetenversammlung 16 von insgesamt 48 Sitzen, die CDU 12, die Grünen 6 (ein Plus von 1,3 Prozent der Stimmen), die FDP 5 (ein Plus von 2,2 Prozent) und die DVU 3 (ein Minus von 2,6 Prozent auf insgesamt nur noch 5,5 Prozent). Neu hinzu kommen im Stadtparlament der Seestadt 3 Sitze für Die Linke (6,1 Prozent) und 3 Sitze für die Gruppierung "Bürger in Wut" (BIW) (5,4 Prozent).

Während die CDU auf eine Fortsetzung der großen Koalition drängt, sind solche Stimmen innerhalb der SPD auch in Bremerhaven schon seit längerer Zeit leiser geworden. Trotz der negativen Erfahrungen mit einer früheren Ampelkoalition gibt es mittlerweile bei den Sozialdemokraten nach Einschätzung aus der Parteispitze kaum noch fundamentale Widerstände gegen eine Zusammenarbeit mit Grünen und Liberalen.

Verhalten positiv äußert sich dazu auch der grüne Spitzenkandidat Ulf Eversberg. "Das wird zwar nicht ganz einfach sein", meint er, "aber man sollte es darauf ankommen lassen." Gleichzeitig möchte der Bremerhavener Grüne den Gedanken an eine Zusammenarbeit allein mit der SPD nicht von vornherein ausschließen. "Der demokratischen Kultur in der Stadt würde das sicher gut tun", lautet seine Position. Denn in einem solchen Fall müsse wieder mehr öffentlich diskutiert werden, um Mehrheiten in konkreten Fragen zusammenzubringen. Diese Forderung nach größerer Transparenz war auch von der FDP stets unterstrichen worden.

Eine Ampelkoalition würde mit 27 von 48 Sitzen in der Stadtverordnetenversammlung über eine ähnlich große Mehrheit verfügen wie eine große Koalition (sie hätte 28 Sitze). Daran zeigt sich, in welchem Ausmaß das Gewicht der großen Koalition zusammengeschrumpft ist und eine Opposition aus fünf Parteien mit 20 Sitzen hervorgebracht hat. Vor acht Jahren hatten SPD und CDU noch ein riesiges Übergewicht von 42 Sitzen gegen die winzigkleine Opposition von Grünen und DVU mit jeweils 3 Sitzen.

Während die DVU auch bei dieser Landtagswahl wieder über den Wahlkreis Bremerhaven den Sprung in die Bürgerschaft schaffte, müssen die "Bürger in Wut" noch abwarten. Ihnen fehlten am Ende des vorläufigen Ergebnisses nur wenige Wählerstimmen (ihr Anteil wurde mit 4,99 Prozent angegeben), so dass die übliche Überprüfung der Zahlen durch das amtliche Endergebnis am kommenden Montag (21. Mai) durchaus noch zu etwas größerer Buntheit im bremischen Landtag führen könnte.

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Mittwoch, Mai 09, 2007

Die Bremerhavener Stadtgründung auf Pump - eine Analyse aus dem Neuen Deutschland vom 3.5.2007

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