Donnerstag, Januar 06, 2011

Nordsee-Zeitung mit irreführenden Zahlen über den Arbeitsmarkt - Bedeutung des Bestands an offenen Stellen wird übertrieben...

Seestadtpresse Bremerhaven - In ihrer Ausgabe vom 5. Januar 2011 vermeldet die Nordsee-Zeitung für Bremerhaven "deutlich mehr offene Stellen" auf dem regionalen Arbeitsmarkt.

Nordsee-Zeitung vom 5. Januar 2011
Im fettgedruckten Vorspann findet sich ein Hinweis auf die deutlich angewachsene "Zahl offener Stellen auf 949 - 82,9 Prozent mehr als im Dezember 2009". Diese Zahl ist zunächst einmal falsch (sie müsste richtig 976 lauten). 949 ist die Zahl der als offen gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen.

Ein weiterer Fehler findet sich in den Statistiken, denn dort ist die Zahl der offenen Stellen im Dezember 2009 stets höher als die Zahl im Dezember 2010, so dass von einer Verringerung des Bestands an offenen Stellen gesprochen werden müsste - wenn denn die Zahlen in der NZ-Statistik richtig wären.

Das sind sie aber offensichtlich nicht.

Die Agentur nennt zumindest für den Dezember 2009 die Zahl von nur 430 offenen sozialversicherungspflichtigen Stellen und errechnet daraus einen Anstieg im Vergleich zum Dezember 2010 um 82,9 Prozent.

Allerdings scheint auch diese Zahlenangabe etwas zu viel an Optimismus zu verbreiten, denn die Bundesagentur für Arbeit rückt die Bedeutung dieser Zahlen selbst kritisch zurecht.

Hier ein Versuch, etwas Übersicht zu verschaffen:

Offene Stellen sind nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit in einem früheren Jahresbericht "ein ganz alltägliches Phänomen auf einem funktionierenden Arbeitsmarkt". Dies hänge damit zusammen, dass die Stellenbesetzung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Die dabei zu beobachtende "Suchzeit" werde in der entsprechenden Statistik abgebildet.

Daher signalisiere der Bestand an unbesetzten Stellen für sich allein noch keinen Kräftemangel oder Engpass, denn es handle sich zunächst einmal um nichts anderes als "eine Momentaufnahme der laufenden Entstehung
und Besetzung offener Stellen".

Die Agentur weist außerdem darauf hin, dass die Veränderungen der gemeldeten Stellenzugänge "ein besserer Indikator für die Einstellungsbereitschaft der Betriebe als Veränderungen der Bestandszahlen".

Dies soll im Stellenindest BA-X der Bundesagentur abgebildet werden, und der zeigt seit November 2009 bundesweit einen positiven Trend - von der Indexzahl 113 auf 155 im Dezember 2010. Dies illustriere die höhere Nachfrage nach Arbeitskräften.

Leider konnte ich keinen solchen Index für die einzelnen Regionen finden.

Es bleibt also ein Blick auf die Veränderungen bei den Stellenzugängen. Und da wird für den Bezirk Bremerhaven im Jahresüberblick ein Zuwachs von 29 Prozent vermeldet.

Das ist gut, aber doch nicht ganz so spektakulär, wie von der Nordsee-Zeitung vermeldet.

Und was dabei vollständig aus dem Blick geraten könnte: Die Arbeitslosigkeit im Agenturbezirk Bremerhaven ist innerhalb des vergangenen Jahres um 1106 auf insgesamt 11993 angestiegen.

Das ist weniger gut - und außerdem ganz schön spektakulär, auch wenn es nicht allzu spektakulär vermeldet wurde.

Labels: ,

Donnerstag, Dezember 09, 2010

Bremerhavener Arbeitslosigkeit im Bundesvergleich katastrophal hoch - Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) vermeldet erstmals negative "Spitzenposition" für die Seestadt...

Seestadtpresse Bremerhaven - Wie Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) am 9. Dezember 2010 mitteilte, glitschte Bremerhaven trotz hoher Investitionen in die Veränderung der einseitigen Wirtschaftsstruktur bei der Arbeitslosigkeit erstmals in eine negative "Spitzenposition"

Ein besonders erschütterndes Ergebnis laut BIAJ: "Im November 2010 war in keiner anderen kreisfreien Stadt und in keinem Landkreis ein so hoher Anteil der registrierten Arbeitslosen auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angewiesen wie in der Stadt Bremerhaven (86,8%)". 

Außerdem gab es in Bremerhaven bei der registrierten Arbeitslosigkeit den höchsten Anstieg im Vergleich der kreisfreien Städte und Landkreise (in der Zeit von November 2009 bis November 2010 um 12,9%). 

Und noch etwas laut BIAJ: "In keiner anderen kreisfreien Stadt und in keinem Landkreis wurde von der Statistik der Bundesagentur für Arbeit eine so hohe Arbeitslosenquote registriert wie in der Stadt Bremerhaven (16,4% bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen bzw. 18,0% bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen)." 

Der Rückblick auf die Monate November in den Jahren 1999 bis 2010 zeige zudem, dass diese "Spitzenposition" bei der Arbeitslosenquote aller kreisfreien Städte und Landkreise für die Stadt Bremerhaven erstmals im November 2010 registriert worden sei. 

Paul M. Schröder macht darauf aufmerksam, dass der scheidende Oberbürgermeister Jörg Schulz bei seinem Amtsantritt in puncto Arbeitslosigkeit eine deutlich bessere Situation vorgefunden hat. Zum Abschluss seiner Amtszeit erreicht Bremerhaven nun erstmals den negativen Spitzenrang im bundesweiten Vergleich.  

Eine weitere Anmerkung: Über die kuriose Berichterstattung der Nordsee-Zeitung zum Thema Arbeitslosigkeit in Bremerhaven machte die Seestadtpresse bereits am 1. Dezember 2010 ein paar kritische Anmerkungen.



Labels: ,

Freitag, Juli 31, 2009

Verlogene Arbeitslosenstatistik? - Analyse des Experten Joachim Jahnke...

Die Arbeitslosenstatistik sei bei weitem die verlogenste, die in Deutschland amtlich erstellt wird - so die Analyse des Experten Joachim Jahnke.

Einige seiner Gründe: Wer mehr als 58 Jahre alt ist, wird nicht mehr als arbeitslos gezählt, auch wenn er arbeiten möchte. Wer durch einen privaten Träger betreut wird, taucht nicht mehr in der Statistik auf. ABM, Arbeitsgelegenheiten, Weiterbildung usw. - alles dies sorgt für ein Verschwinden aus der Gesamtzahl der Arbeitslosen, so Jahnke.

Nach seinen Angaben ist daher die die Zahl der sogenannten "Unterbeschäftigten" sehr viel aussagekräftiger. Jahnke: Deren Zahl "soll im Juli bei 4,527 Millionen gelegen haben (noch ohne Kurzarbeit) und damit 1,1 Millionen mehr als die offiziell ausgewiesene Zahl der Arbeitslosen. Hier wird also Arbeitslosigkeit versteckt."

In der Bremerhavener Arbeitslosenstatistik taucht dieser Begriff nicht auf. Die Gesamtzahl der Menschen, die hier durch eine sehr aktive Arbeitsmarktpolitik gefördert werden, beträgt rund 3500. Außerdem waren im Juli 2009 1021 Menschen in Kurzarbeit gemeldet. Die Gesamtzahl der offiziell als arbeitslos Gezählten beträgt 11380.

Laut Jahnke weitere Anzeichen für die bedrohliche Krise auf dem deutschen Arbeitsmarkt: Die Nachfrage nach Arbeitskräften lässt deutlich nach. Bei der Leiharbeit gibt es seit Monaten kräftige Rückgänge. Von einem Abbau der Arbeitslosigkeit kann keine Rede mehr sein.

Jahnke charakterisiert den Ausblick als "finster".

Seine Bilanz: "Die OECD erwartet jetzt bis 2010 einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 11,6 %, der Internationale Währungsfond auf 11,8 % und damit in die Nähe von 5 Millionen."

Weiter: "Die deutsche Arbeitslosigkeit soll im kommenden Jahr die höchste unter den G7 sein. Im Ergebnis wird Deutschland im Zeitraum 2001 bis 2010 mangels ausreichender Masseneinkommen und damit einseitiger Exportabhängigkeit die höchste durchschnittliche Arbeitslosenquote haben, die nur noch von Griechenland und Spanien übertroffen wird."

Labels:

Montag, März 02, 2009

"Bremerhaven als Leuchtturm im Norden" - Nordsee-Zeitung mit merkwürdigen Kritierien für Leuchttürme...

Wer nur mit Entwicklungen argumentiert, ohne die Gesamtlage in die Gewichtung einzubeziehen, kann zu merkwürdigen Einschätzungen kommen.

Ein Beispiel, das wie die meisten Beispiele nur einen Gedanken illustrieren soll:

Wenn ein Mensch JÖRG bei einem Monatseinkommen von 1000 Euro insgesamt 100.000 Euro Schulden aufgehäuft hat, dürfte ein Beobachter seine finanzielle Lage mit gewissen Bedenken betrachten, auch wenn sich seine Verschuldung im vergangenen Jahr nicht mehr weiter erhöht hat.

Nun hat JÖRG einen Nachbarn BERNHARD, der bei einem ganz ähnlichen Einkommen nur 5000 Euro Schulden hat. Allerdings musste er durch ein Unglück im vergangenen Jahr eine Verdopplung seiner nicht besonders hohen Schuldenlast in Kauf nehmen.

"Im Vergleich zu diesem leichtsinnigen Schuldenvermehrer bin ich ja geradezu eine Leuchtturm an Stablilität", freut sich JÖRG.

Der Beobachter staunt über diese Art der Bewertung.

Ähnlich kurios argumentiert die Nordsee-Zeitung am 27. Februar 2009 auf Seite 1: "Bremerhaven als Leuchtturm des Nordens".

Die Begründung der NZ: "Bundesweit steigt die Arbeitslosigkeit - in Bremerhaven blieb die Lage im Februar aber erstaunlich stabil." Neben Vechta sei Bremerhaven "der einzige Bezirk im Norden mit rückläufigen Zahlen".

Allein diese Stabilität reicht der Nordsee-Zeitung bereits für ein positives Urteil aus, auch wenn es sich dabei um eine Stabilität auf sehr hohem Negativniveau handelt (nämlich mit einer im bundesweiten Vergleich sehr hohen Arbeitslosenquote von rund 16 Prozent).

"Bremerhaven als Leuchtturm im Norden", lobt die Nordsee-Zeitung.

Merkwürdiger Leuchtturm.

Labels: , ,