Montag, November 10, 2008

Bisher keine Steigerung der Gewerbesteuer in Bremerhaven - Hat die Strukturpolitik lange Zeit mit zu viel Geld auf falsche Pferde gesetzt?

Was in den vergangenen Jahren als Bremerhavener Politik der Stadterneuerung und Veränderung der Wirtschaftsstruktur verkündet wurde, konnte nur mit einer dramatischen Verschuldungspolitik realisiert werden.

Zu rechtfertigen war eine solche Politik bestenfalls durch die Annahme, dass sich dies irgendwann auch in den Kassen der Stadt in der Form höherer Steuereinnahmen auszahlen werde.

Schließlich darf Strukturpolitik nicht gemacht werden, um Denkmäler für Oberbürgermeister und andere Politiker zu schaffen. Statt dessen muss sie für zukunftsträchtige Weichenstellungen sorgen.

Eine solche Politik häufte nicht nur finanzielle Lasten auf die Schultern künftiger Generationen, sondern brächte ihnen beispielsweise auch ein "Guthaben", das wirtschaftlichen Nutzen trägt und etwa durch ordentlich bezahlte Arbeitsplätze für Einnahmemöglichkeiten sorgt.

Bisher ist von solchen Früchten noch nichts zu spüren. "Ein dynamischer Anstieg der Gewerbesteuer wie in der Stadt Bremen ist in Bremerhaven nicht zu verzeichnen", heißt es nüchtern in einer Stellungnahme der Finanzsenatorin Karoline Linnert. Anlass sind die Ergebnisse der aktuellen Steuerschätzung von November 2008. Für Bremen vermeldet Linnert dagegen "außerordentlich deutlich steigende Gewerbesteuern".

Für Bremerhaven könnte dies als Hinweis verstanden werden, dass Kritiker mit ihren Befürchtungen durchaus nicht ganz falsch lagen: Das viele hundert Millionen Euro schwere Setzen auf den Tourismus zahlt sich weder bei den Arbeitsplätzen noch bei den Steuereinnahmen erkennbar aus. Einzelhandel ist in der aktuellen Lage nichts als innerstädtische Umverteilung, so dass auch dort keine wirkliches Plus in den privaten und öffentlichen Kassen entsteht.

Stellt man diesen (noch) nicht fließenden höheren Einnahmen die sehr wohl beobachtbaren höheren finanziellen Belastungen für die Stadt gegenüber, darf die These aufgestellt werden: Die Verschuldungspolitik zum Aufbau einer touristischen Infrastruktur erzeugt enorme finanzielle Engpässe, die lebenswichtige Maßnahmen in Bildung, Kultur und anderen Bereichen der Stadtpolitik verhindern.

Unter Verweis auf den Bau eines neuen Eisstadions hatte die Finanzsenatorin erst kürzlich auf dieses Problem aufmerksam gemacht. "Die Gestaltungsspielräume der kommenden Jahre werden massiv eingeschränkt", stellte sie fest und fügte hinzu: "Das wird schon bei der haushaltsaufstellung für die Jahre 2010 /2011 deutlich werden."

Daher ist weiter die Frage zu stellen, ob nicht das Setzen zu hoher Summen auf falsche Pferde wie Tourismus, Einzelhandel, Spitzensport usw. Bremerhaven immer tiefer ins finanzielle Elend führt und Zukunftsmöglichkeiten verbaut.

Allerdings zeigt die Erfahrung, dass auch Zocker gelegentlich Recht behalten können. Verantwortliche Politik müsste aber doch wohl mit anderen Instrumenten hantieren.

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Dienstag, Oktober 09, 2007

Endlich mal ein klares Wort über das dämliche Steuerspar-Gequassel

Vom weit verbreiteten Ärger über das Steuerzahlen sind viele unserer Gazetten voll und quasseln sich darüber die Seele aus dem Hals.

Vom peinlichen Stolz mancher Zeitgenossen, die sich das Steuerzahlen weggetrickst haben, soll hier gar nicht geredet werden - Wirtschaftsförderung durch den Staat betrachten sie als eine Pflicht ersten Ranges, aber finanziell beteiligen wollen sich die Nutznießer daran selbstverständlich nicht, das ist Sache der kleinen Steuerzahler.

Im sonntäglichen Tagesspiegel vom 30. September 2007 nahm Harald Martenstein diese verdrehte Ansicht auf und kommentierte sie auf erhellende Weise. In einem Land wie den USA mit niedrigen staatlichen Ausgaben fällt nach seinen Beobachtungen beispielsweise der Kontrast auf "zwischen den Zonen privaten Reichtums, den Villenvierteln, und dem verlotterten Teil der Stadt, den der Staat allen zur Verfügung stellt".

Das bedeutet, dass sich die Wohlhabenden in ihre bewachten Wohnviertel zurückziehen müssen, um so etwas wie Sicherheit zu haben. In anderen Quartieren bewegen sie sich oft "wie ein Besatzer im Feindesland", immer auf der Hut vor bösen Menschen.

In Deutschland ist das vielfach noch anders - eine Tatsache, die etwa Jodie Foster bei einem Berlin-Besuch sehr genoss. Sie konnte einfach so herumlaufen und "sich in eine Kneipe setzen wie ein normaler Mensch". Martensteins Kommentar: "Diese Tatsache hängt auch mit dem deutschen Sozialsystem und den deutschen Steuern zusammen."

Sehr erfreulich, wenn einfach einmal jemand festhält, dass das hiesige Sozial- und Steuersystem "auch den Wohlhabenden einiges an Lebensqualität bringt" - was sie eigentlich veranlassen müsste, freudig Steuern zu zahlen (und vielleicht sogar etwas mehr als üblich).

Dies setzte allerdings voraus, dass Wohlhabende etwas mehr Weitblick und Klugheit hätten als sie tatsächlich besitzen. Haben sie aber nicht.

So ist das eben: Reichtum und Klugheit stehen sich oft ziemlich feindlich gegenüber.

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