Sonntag, Oktober 31, 2010

Neues Buch über Auswanderung von Simone Blaschka-Eick aus dem Deutschen Auswandererhaus - Ein paar erste Anmerkungen...

Seestadtpresse Bremerhaven - Simone Blaschka-Eick, die Chefin des Deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven, hat soeben im Rowohlt Verlag ein neues Buch über deutsche Auswanderer in drei Jahrhunderten vorgelegt. Der Titel: "In die Neue Welt!"



Hier einige erste Beobachtungen und Überlegungen etwa nach dem ersten Drittel der Buchlektüre.

Die Ankündigung im Klappentext stimmt den Ton der Darstellung in dem sehr schön und solide gemachten Buch an: "Wussten Sie, dass der 'Mythos Amerika' von einem deutschen Vikar erfunden wurde, der vor über dreihundert Jahren unter Pseudonym ein Buch über das 'gelobte Land' schrieb, ohne jemals dort gewesen zu sein?"

Es geht Simone Blaschka Eick erkennbar um eine populäre und leicht lesbare Darstellung zum Auswandererthema, genau wie dies im Deutschen Auswandererhaus auch gemacht wird. In erster Linie geht es um bunte und pralle Geschichten von Menschen; die Frage struktureller Zusammenhänge und Entwicklungen muss dahinter zurück stehen.

Ein solcher Ansatz hat die positive Folge, dass Entwicklungen am Beispiel einiger handelnder Personen übersichtlich gemacht werden und eine innere Logik auf der Hand zu liegen scheint. Der Text kann flüssig gestaltet werden und erhält durch Illustrationen zusätzliche Anschaulichkeit.

Der Nachteil: Es fehlen präzise Anmerkungen, die Belege für die Darstellung nennen. Zwar fügt die Autorin am Ende des Buchs für jedes Kapitel ein paar Hinweise zu den verwendeten Quellen an, aber manches bleibt so doch offen.

Ein Beispiel: Simone Blaschka-Eick schreibt auf Seite 57: "Konrad Weise junior stockte mitten in der Übersetzung und überlegte: Sollte er die vom Irokesenhäuptling Tiyanoga ausgesprochene Beleidigung an die Engländer und Amerikaner weitergeben, oder sollte er sie besser verschweigen?" Ist diese Darstellung ebenso wie der folgende Gedankengang Konrad Weises, der während der Versammlung noch einmal "in Sekundenschnelle" sein bisheriges Leben an sich vorbeiziehen ließ, allein das Ergebnis einer lebhaften Phantasie der Buchautorin, oder gibt es wirklich Quellen, die diese mitten aus dem Leben gegriffene Darstellung einer Situation mitten "im Beratungssaal des Rathauses von Albany" präzise belegen?

Interessant ist übrigens auch die Beobachtung, dass die Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Auswandererhaus und dem Historischen Museum Bremerhaven offensichtlich auch auf diesem quasiwissenschaftlichen Feld ausgetragen werden sollen. So wird die im Historischen Museum erstellte Deutsche Auswanderer-Datenbank in dem Buch auf Seite 213 nicht einmal erwähnt, wenn es um Recherchemöglichkeiten im Internet zur Geschichte der deutschen Auswanderung in die USA geht.

Falls es von Interesse sein sollte, werden die Anmerkungen über das Buch von Simone Blaschka-Eick fortgesetzt.

Nachtrag vom 20. November 2010: Auch im Deutschlandradio wird über das Buch berichtet. Ein Auszug aus dem Manuskript, das hier nachzulesen ist: Simone Eick habe an ausgewählten individuellen Schicksalen deutlich gemacht, was die Deutschen nach Amerika trieb und welche Möglichkeiten sich für die Wanderer in die neue Welt boten.

Und weiter: "Ihr Buch über die deutschen Migranten ist dennoch eher überblickend-enzyklopädisch geschrieben und erinnert mit vielen Abbildungen und Quellenauszügen an einen Begleitband für die Dauerausstellung im Deutschen Auswandererhaus. Das neue Standardwerk, wie vom Verlag vollmundig angekündigt, ist diese kurzweilig zu lesende Geschichte der deutschen Auswanderungsbewegungen allerdings nicht. Dazu fehlt es vor allem an analytischer Schärfe und Systematik, ganz zu schweigen vom Raum für eine breite, quellengestützte Darstellung einer mehr als 300 Jahre währenden Geschichte." (Hervorhebung DK)

Nachtrag 26. November 2010: Auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung zeigte sich mit Datum 18. November 2010 wenig erquickt:


"Es ist zum Auswandern", lautete die Überschrift der kleinen Anmerkung. Und weiter: "In einer populär gehaltenen Darstellung folgt Simone Blaschka-Eick über drei Jahrhunderte den Lebenswegen von Deutschen in die Vereinigten Staaten, nach Russland und Südamerika. Der Direktorin des Deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven geht es vor allem um die persönlichen Schicksale der Emigranten, in die sie sich bisweilen übermäßig einfühlt. So handelt ein zentraler, drei Kapitel umfassender Erzählstrang anschaulich vom Aufbruch einer Schaumburger Familie nach Illinois, den Fährnissen der Überfahrt um die Mitte des 19. Jahrhunderts und dem Aufbau einer neuen Existenz als Farmer. Zwar weist eine Fußnote darauf hin, dass keine autobiographischen Quellen erhalten sind, aber umso bereitwilliger werden die fehlenden Fakten durch Fiktionalisierung überhöht." (Hervorhebungen DK)

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Freitag, April 03, 2009

Der Bremerhavener-Auswandererhaus-Betreiber Andreas Heller plant in Lübeck ein Hansemuseum...

Der Architekt Andreas Heller ist beim Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven offensichtlich auf den Geschmack gekommen: Nach einem Bericht des Hamburger Abendblattes vom 3. April 2009 will nun in Lübeck ein großes Hansemuseum nicht nur konzipieren, sondern auch selbst privat betreiben.

Laut Abendblatt sind die Vorbereitungen zwar weit gediehen, aber die endgültige Entscheidung steht noch aus. Das "Hansemuseum mit europäischer Dimension" soll laut Abendblatt 24 Millionen Euro kosten und ist auf jährlich 1,2 Millionen Besucher ausgelegt.

An der Finanzierung beteiligt sich die Lübecker Possehl-Stiftung mit 14 Millionen Euro. Der Rest soll aus Mitteln des Bundes und des Landes fließen. Die Anträge seien gestellt, ist im Abendblatt zu lesen.

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Donnerstag, Juni 19, 2008

Auch in Bremerhaven gibt es unterschiedliche Arten von Museen - der Journalist Dr. Burkhard Scherer erläutert die Unterschiede ...

Das Deutsche Auswandererhaus ist laut Magistrat "das größte Erlebnismuseum zum Thema Auswanderung in Europa". Wodurch es sich von Einrichtungen wie beispielsweise dem Deutschen Schiffahrtsmuseum unterscheidet, erläutert der Journalist Dr. Burkhard Scherer in einem Beitrag für Radio Bremen (dort liegt das Copyright für den Text).

Zu diesem Thema läuft am heutigen 19. Juni 2008 um 13 Uhr eine Diskussion im Nordwestradio.


Hier werden die entscheidenden Passagen mit Genehmigung des Autors dokumentiert.

<"Ihr seid doch gar keine richtigen Museen", rufen die herkömmlichen Museen den neuen Konkurrenten zu, "denn ihr sammelt ja nicht richtig und ihr forscht nicht richtig!" "Hähä, schaut mal auf unsere Besucherzahlen!" - tönt es von da zurück.

Und beide haben recht und so kommen wir nicht weiter. Was nützt es, wenn die Äpfel den Birnen erklären, sie seien keine Äpfel? Selbst wenn die Birnen manchmal so tun, als seien sie auch Äpfel.

Denn um solches handelt es sich, Äpfel und Birnen, Institutionen völlig unterschiedlicher Zielsetzung und Daseinsberechtigung, auch wenn sie beide den Namensbestandteil "Museum" tragen.

Ein Museum hat den gesellschaftlichen Auftrag, so etwas wie ein bleibendes kulturelles Gedächtnis zu schaffen, indem es sammelt, forscht, bewahrt und seine Ergebnisse in Extraktform ausstellt. Seine Schatzkammer ist das Depot, das es ihm ermöglicht, sich in Teilbereichen immer neu zu erfinden, indem es Darstellungsart und Darstellungsaspekte verändert wie etwa das Deutsche Schiffahrtsmuseum mit seiner neuen Abteilung "Segelschiffahrt - Mythos und Wirklichkeit", die die zunehmend romantisierende Sicht mit der Realität an Bord kontrastiert.

Also: Herkömmliche Museen erfüllen einen gesellschaftlichen kulturellen Auftrag, dafür brauchen sie Kontinuität und einen langen Atem und dafür bekommen sie öffentliche Gelder, gewöhnlich aus den Kulturetat.

Ganz anders die neuen Museen. Sie sind bezahlt aus dem Wirtschaftsetat und haben nur einen Zweck: Besucher zu generieren, viele Besucher. Der Inhalt und die Mittel sind erstmal völlig egal. Dazu finanziert die öffentliche Hand einem zukünftigen Betreiber nach dessen Vorstellungen eine Aussstellungsinstallation samt Gebäude und überläßt ihm dieses Ensemble bei eher symbolischer Pacht zur privatwirtschaftlichen Nutzung.

Das Kalkül dahinter: Da der Betreiber Geld verdienen will, wird er sich tüchtig was einfallen lassen, Eintritt zahlende Besucher zu gewinnen. Und je mehr Besucher er hat, desto mehr Geld lassen die auch in der Stadt, bei Taxis, Hotels, Wirts- und Warenhäusern, so daß sich die öffentliche Anfangsinvestition langfristig amortisiert, sehr langfristig.

Wieviel Wunschdenken oder Vodoo-Ökonomie hinter dieser Strategie steckt, wird also erst die Zukunft weisen.

Die Ökonomie des Betreibers ist dagegen ausgesprochen bodenständig: mit überschaubarem Mitteleinsatz möglichst viel Einnahmen erzielen. Erste Faustregel: Ist der Eintritt hoch und Shop und Gastronomiebereich besonders groß, wird das Museum privat betrieben. Zweite Faustregel: Außer dem, was sichtbar ist, ist nichts, denn alles andere, ein Archiv oder Depot etwa, wäre für den Betreiber totes Kapital. Und wo ein Museum Wissenschaftler und Archivare hat, hat das neue Museum einem Pressesprecher und eine PR-Abteilung.

Also klare Sache das und hopp! Äpfel und Birnen. Und würde nun jeder bei seinem Leisten bleiben, wäre ja auch Ruhe im Karton.

Ist aber nicht, weil sich die öffentlichen Museen dafür rechtfertigen müssen, nicht so hohe Besucherzahlen zu haben wie die privaten und weil die privaten so tun, als wären sie auch so was wie Museen und keine Jahrmarktsbuden.

Die Debattenlage ähnelt der bei Aufkommen des Privatfernsehens, als man sich dort auch gern ein Kulturhemdchen anzog und so tat, als mache man eigentlich auch Fernsehen wie die Öffentlichen, und die unter Quotendruck vieles nachmachten, was bei den Privaten Zuschauer zog.

Sagen wir so: Es gibt Museen, die machen Arte, und es gibt Museen, die machen Pro 7. Sollen sie doch. Man muß nur wissen, was man guckt.>

(Copyright Radio Bremen)

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Freitag, August 03, 2007

Deutsches Auswandererhaus in Bremerhaven meldet weiterhin hohe Besucherzahlen - Am 9. August besteht das Haus seit zwei Jahren


Ausgesprochen positiv fällt die Bilanz des Deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven nach den ersten beiden Betriebsjahren aus. Mit rund 470000 Besuchern seit der Eröffnung am 9. August 2005 seien deutlich mehr Menschen durch die Räumlichkeiten geströmt als ursprünglich erwartet. Laut Architekt und Betreiber Andreas Heller ging die Kalkulation von bis zu 190000 Besuchern jährlich aus. "Der Erfolg macht uns glücklich und spornt uns", lautet sein Fazit.

Heller kündigte einen weiteren Ausbau der Ausstellungen an. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass sich die Besucherzahlen irgendwann nach unten neigen müssten, wenn nicht mit neuen Inhalten entschlossen gegengesteuert werde. Daher soll es demnächst unter anderem noch mehr Stationen für den Ausstellungsbesuch mit Hilfe des "Boarding-Passes" geben.

"Wir treiben unsere Detail-Wut weiter", meinte Heller lächelnd und spielte damit auf die emotionalen Erlebnisse der Besucher an, die sich insbesondere durch die Begegnung mit Kleinigkeiten entwickelten. "Das Auswandererhaus ist gerade für ältere Menschen ein Ort, an dem sie sich zu Hause fühlen", beobachtete der Ausstellungsmacher. Dabei entstehe das Gefühl des "Weißt-du-noch" und erzeuge emotionale Betroffenheit. Das drücke sich sehr schön in den immer zahlreicher werdenden Stiftungen von Erinnerungsstücken früherer Auswanderer aus.

"Wir erzählen hier spannende Geschichten von Menschen, die sich auf den Weg in die Ferne gemacht haben", erläutert Heller. Dies treffe "den Nerv der Menschen", weil jeder immer wieder mit der Frage konfrontiert sei "Bleibe ich oder gehe ich?" und weil die allermeisten in ihren Familiengeschichten mit Wanderungsbewegungen aller Art zu tun hatten.

Als besonders interessiert aufgenommene Elemente der Ausstellungen nannte Museumsdirektorin Dr. Simone Eick die Auswanderung im 19. Jahrhundert. "Da gibt es eine absolute Faszination, auch wenn manches ein bisschen romantisiert wird", meinte sie. Auch die Überfahrt mit Segelschiffen im Interesse der Besucher. Daher bemüht sich das Museum laut Heller darum, den Nachbau eines Auswanderersegelschiffs als schwimmende Erweiterung des Museums in Angriff zu nehmen. "Das ist ein Traum von uns", sagte Heller.

Er unterstrich den Spagat in der Museumskonzeption, die einerseits durch besondere Anschaulichkeit auf ein breites Publikum ziele und andererseits großen Wert auf die wissenschaftliche Fundierung der Arbeit lege. Daher sei man stolz darauf, das Kuratorium um den Historiker Dr. Helmut Gold und den Migrationsforscher Professor Klaus J. Bade erweitert zu haben. Mit Hilfe eines neuen Konzepts können junge Wissenschaftler die Arbeit an ihrer Promotion mit einem wissenschaftlichen Volontariat im Auswandererhaus verknüpfen.

Am Donnerstag kommender Woche feiert das Deutsche Auswandererhaus sein zweijähriges Bestehen mit einem Benefizkonzert unter freiem Himmel. Der Erlös geht an sozial benachteiligte Bremerhavener Kinder und Jugendliche. Auf der Bühne stehen die Gruppen The Bosshoss, Culcha Candela und Texico. Das Konzert am 9. August beginnt um 19 Uhr.

Informationen über das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven gibt es im Internet unter "www.dah-bremerhaven.de".

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