Freitag, Februar 18, 2011

Bremen mit Gold im European Energy Award, Bremerhaven hinkt noch etwas hinterher - Magistrat bestreitet ausdrücklich Ausstieg aus der Zertifizierung...

Seestadtpresse Bremerhaven - Die große Schwesterstadt Bremen verkündete am 16. Februar 2011 stolz, dass sie den "European Energy Award in Gold" erhalten habe. Damit seien die "Bemühungen um Klimaschutz und Nachhaltigkeit herausragend gewürdigt" worden, heißt es in der Pressemitteilung.

Da drängt sich die Frage geradezu auf, wo Bremerhaven denn in diesem Zertifizierungsprozess abgeblieben ist, denn am 22. Februar 2008 konnte der Weser-Kurier nur vermelden: "Bremerhaven fällt durch. Seestadt verfehlt bei Bewerbung um Klimaschutz-Zertifikat klar die nötige Punktzahl".

Auf der Webseite der Seestadt lässt sich in puncto "European Energy Award" außer einer allgemeinen Darstellung nichts entdecken. An einer anderen Stelle findet sich etwas über den "Masterplan für aktive Klimapolitik", wo nur die Unterschiede zum European Energy Award angesprochen sind. Dass Bremerhaven noch an diesem Prozess beteiligt ist, wird nicht erwähnt.

Auf Nachfrage bestätigt der Magistrat allerdings, dass Bremerhaven sehr wohl noch an dem Zertifizierungsprozess beteiligt ist. Man habe heftig am Ausbügeln der festgestellten Mängel gearbeitet und sei auf gutem Wege, betont Till Scherzinger vom Umweltamt der Stadt.

Bei der seinerzeit gescheiterten Zertifizierung seien in Bremerhaven "Mängel in den Handlungsbereichen Information und Kommunikation sowie Entwicklungsplanung und Raumordnung" festgestellt worden.

Insbesondere wurde das lückenhafte und relativ dünne Beratungsangebot in Fragen der Energieeffizienz und des Klimaschutzes gerügt, so Scherzinger.

Interessant ist, dass im Bereich Entwicklungsplanung und Raumordnung ein "eklatanter Mangel an klimaschutzorientiertem Planungsgeschehen" festgestellt wurde. Gefehlt hätten auch "verbindliche quantitative Zielsetzungen für den Klimaschutz".

Als entscheidende Verbesserung nennt Till Scherzinger für die Jahre nach 2008 die Erstellung dreier wesentlicher Programme:

- Masterplan aktive Klimapolitik;

- Klimaschutz und Energieprogramm 2020 für Bremen und Bremerhaven (KEP 2020) und

- Forschung und Entwicklung (F&E) Entwicklungskonzept Klimastadt Bremerhaven.

Durch die Erarbeitung dieser Programme seien wichtige Voraussetzungen geschaffen worden, um die oben genannten Lücken zu schließen. Dabei habe man das im Rahmen des European Energy Award bereitgestellte Instrumentarium sehr gut nutzen können.

Nach Auskunft Scherzingers wurde in diesem Monat (Februar 2011) bereits eine informelle Vorabprüfung zum European Energy Award durchgeführt. Die Hochrechnung für Bremerhaven habe ergeben, "dass voraussichtlich über 60% der für die Zertifizierung erforderlichen Punktzahl" erreicht wird. Beim letzten Mal wurden 48 Prozent erreicht.

Dies alles zeige, dass sich der Bremerhavener Magistrat keineswegs klammheimlich aus dem Zertifizierungsprozess verabschiedet habe. Noch im ersten Halbjahr 2011 werde Bremerhaven "mit guten Erfolgsaussichten" in die Zertifizierung nach den Kriterien des European Energy Award einsteigen.


Bleibt abzuwarten, wann die Stadt Bremerhaven auch die bislang feststellbaren Mängel im Bereich der Kommunikation ausbügelt und beispielweise auf der offiziellen Webseite Informationen über die aktuellen Bemühungen bereitstellt. 

Bleibt abzuwarten, wann die Stadt Bremerhaven auch die bislang feststellbaren Mängel im Bereich der Kommunikation ausbügelt und beispielweise auf der offiziellen Webseite Informationen über die aktuellen Bemühungen bereitstellt.

Laut Scherzinger ist auch auf diesem Feld Abhilfe in Sicht: Bis Ende dieses Monats wird in Bremerhaven eine Außenstelle von Energiekonsens eröffnet, um die Mängel im Bereich Kommunikation zu beseitigen. Scherzinger: "Energiekonsens war und ist in Bremen der entscheidende Faktor bei Klimaschutzkampagnen und bei der Information über Energieeffizienz und Klimaschutz." Diese Rolle soll die Einrichtung jetzt auch in Bremerhaven übernehmen.

Labels: ,

Samstag, Dezember 06, 2008

Fachkundige Aussagen über die Bremerhavener Deichsicherheit - Deichhauptmann Dr. Michael Schirmer im Bau- und Umweltausschuss...

Der Deichhauptmann Dr. Michael Schirmer (Bremischer Deichverband am rechten Weserufer) hielt am 4. Dezember 2008 zu Beginn der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung einen Vortrag über die konkreten Auswirkungen der Klimaentwicklung in der Region. Eingeladen war er auf Initiative der Fraktion der Grünen.

Basis der Aussagen Schirmers, der bisher als Wissenschaftler an der Universität Bremen tätig war, ist die Feststellung, dass der "Klimawandel voll eingesetzt" habe und längst keine Frage der Zukunft mehr sei. Belege dafür liefern unter anderem die Zahlen des IPCC. Durch konsequentes Handel könne der Temperaturanstieg noch etwas abgebremst werden, um dadurch die Dramatik der Entwicklung etwas zu entschärfen, so Schirmer.

Zur Zeit läuft nach seinen Angaben allerdings relativ ungebremst eine Entwicklung weiter, die von Wissenschaftlern als die schlimmste denkbare Variante (worst case scenario) eingestuft wird.

Der Anstieg des Meeresspiegels hat sich deutlich beschleunigt, so Schirmer. Daher werde in Deutschland aktuell auf der Basis eines Meeresspiegelanstiegs von 40 Zentimetern im laufenden Jahrhundert gerechnet. In den Niederlanden gehe man schon jetzt von einem Anstieg um 130 Zentimeter aus.

Für die Sicherung der Deiche hat das laut Schirmer erhebliche Auswirkungen. Da das Land an der Nordseeküste ohne Deiche schon heute bei jedem normalen Hochwasser überflutet würde, muss die Sicherung gegen Sturmfluten in Zukunft weiter verstärkt werden. Experten rechnen aktuell mit einer durchschnittlichen Erhöhung von einem Meter.

Zum Deichbau in Bremerhaven machte Schirmer nach seinem Auftritt im Ausschuss eine Bemerkung, die Jürgen Winkler in seinem Blog mitteilt (dort findet sich ein ausführlicher Bericht über Schirmers Erläuterungen):

"Mit Hinweis auf seine Ausführungen über die zu steilen Böschungen auf den Deichrückseiten habe ich ihn darauf angesprochen, dass im Rahmen des Baus der Havenwelten eine hohe Spundwand durch die Deichkrone gerammt, und das Erdreich des Deiches dahinter abgetragen wurde, um Platz für einige wenige weitere Kfz-Stellplätze im Parkhaus unterhalb der neuen Gebäude zu schaffen. Herr Schirmer hakte an dieser Stelle ein und sagte: "So etwas wäre in Bremen nie genehmigt worden".

Während der Ausschusssitzung gab es auf Anweisung des Ausschussvorsitzenden Volker Holm (Stadtrat für Bau und Umwelt!) keinerlei Möglichkeiten zum Nachfragen und Diskutieren. Der auf eine Stunde angelegte Vortrag musste auf etwa dreißig Minuten gekürzt werden. Das Desinteresse des Ingenieurs Holm an Fragen der Ökologie und des Umweltschutzes ist mittlerweile bekannt und wird von den Grünen heftig kritisiert. In einer Stellungnahme fordern sie sogar den Rücktritt des Dezernenten.

Über Schirmers Aussagen findet sich auch in einer älteren Ausgabe de Wochenzeitung Die Zeit ein interessanter Artikel.

Labels: , ,

Dienstag, Oktober 02, 2007

Eine-Welt-Woche in Bremerhaven - Umweltsenator Reinhard Loske spricht über den Umgang mit dem Klimawandel

Der Klimawandel ist in allen Köpfen und Mündern angekommen, aber das Handeln folgt bisher noch eher zögerlich. Um das zu ändern, referierte der neue Bremer Umweltsenator Dr. Reinhard Loske zur Eröffnung der Bremerhavener Eine-Welt-Wochen. Seine Botschaft: Es gibt viele Notwendigkeiten und Möglichkeiten - sie müssen nun endlich angepackt werden.

Bremerhaven hat laut Loske auf diesem Feld "unglaubliche Potenzen" zu bieten - von der Grundlagenforschung im Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) über die anwendungsorientierte Forschung in der Hochschule bis zum künftigen Lernvergnügen im Klimahaus. Exzellent seien auch die Weichenstellungen für die Nutzung der Windenergie, meinte Loske.

Wie wenig allerdings bisher das praktische Handeln des Magistrats durch die Klimaproblematik beeinflusst wurde, illustrierte Oberbürgermeister Jörg Schulz, gleichzeitig Schirmherr des Nord-Süd-Forums, in seinem Grußwort. Zwar erwähnte er AWI, Windenergie und Klimahaus, aber für weitere konkrete Weichenstellungen konnte er lediglich auf Aufträge im jetzigen Koalitionsvertrag verweisen - die Prüfung sparsamerer Autos und größerer Energieeffizienz bei der Bewirtschaftung städtischer Gebäude. Gleichwohl gestand Schulz zu, dass der Klimawandel "natürlich ein Thema für Bremerhaven" sei.

Loske ließ in seinem souverän skizzierten Bild der aktuellen Klimadiskussion keinen Zweifel daran, dass entschlosseneres Handeln längst auf der Tagesordnung steht. Und mittlerweile sei selbst den bisherigen Bremsern klar geworden, dass Umweltschutz nicht mehr allein als störender Kostenfaktor, sondern auch als ökonomische Chance zu begreifen sei. Als auffällig bezeichnete Loske allerdings den Rückstand, der in manchen Bereichen wegen des Herunterspielens der Bedeutung des Klimawandels entstanden sei, beispielsweise in der Autoindustrie oder auch bei den Architekten, wo das Thema seiner Meinung nach gnz offensichtlich "verpennt" wurde.

Die drei "E" nannte Loske als Dreh- und Angelpunkte des Handelns: Erneuerbare Energien, Energieeinsparungen und Energieeffizienz. Als Beispiel für staatliches Eingreifen verwies der Senator auf das öffentliche Beschaffungswesen. "Der Staat hat Nachfragemacht und muss eigene Akzente setzen", lautete seine Orientierung. So habe er selbst sofort veranlasst, bei den Stromlieferungen für seine Behörde dafür zu sorgen, dass künftig Ökostrom genutzt wird. Bei den Dienstwagen habe man Druck ausgeübt, indem Autos mit geringerem CO2-Ausstoß verlangt wurden.

Auch das kommunale Planungsrecht muss laut Loske genutzt werden, um das klimapolitisch Notwendige durchzusetzen. So könne der Verkauf öffentlicher Grundstücke an Voraussetzungen gebunden werden, etwa durch Anschlußzwang an eine Fernwärmeleitung oder durch die Auflage, nur Gebäude mit höchsten energetischen Standards oder mit solarthermischen Anlagen zu errichten.

Auf die zur Zeit viel propagierte Autobahn A 22 angesprochen, stellte Loske klar, dass im Bremer Koalitionsvertrag keine Aussagen darüber gemacht werden. Verkehrspolitisch sinnvoll sei deren Bau sicher nicht, zumal der Transport eines Containers auf der Straße im Vergleich zur Bahn etwa den zehnfachen CO2-Ausstoß verursache. "Das Hauptmittel zum Containertransport sollte die Bahn sein", sagte Loske. Für den Verkehrsbereich kündigte er an, dass die Vorschriften der EU in puncto Feinstaub und Lärm im kommenden Jahr umgesetzt werden müssen.

Als bedauerlich stufte Gisela Wiegel vom Nord-Süd-Forum die Tatsache ein, dass unter den knapp 50 Gästen der Veranstaltung keine Kommunalpolitiker außer den Grünen zu entdecken waren.

Labels: , , , ,