Donnerstag, Dezember 23, 2010

Bremerhavener Havenwelten: Abschlussbericht liegt seit mehr als vier Wochen vor - Die Nordsee-Zeitung arbeitet sicherlich noch intensiv an einer kritischen Berichterstattung...

Seestadtpresse Bremerhaven - Unter dem Datum 10. November 2010 ist  die Vorlage Nr. I/254/2010 des Magistrats der Seestadt Bremerhaven verbucht. Überschrift: "Havenwelten Bremerhaven - Endbericht".

Als Anlage zu dieser Magistratsvorlage findet man eine Studie des BAW Instituts für regionale Wirtschaftsforschung mit dem Titel: "Entwicklung des Vorhabens Havenwelten in Bremerhaven. Dokumentation des Projektes und der regionalwirtschaftlichen Effekte - Endbericht 2010". Und hinzugefügt ist: "Bremen Stand 05. November 2010".

Da eine systematische, sorgfältige und kritische Analyse dieser offiziellen Abschlussbilanz des Bremerhavener Großprojekts Havenwelten nach so langer Zeit nun sicherlich in Kürze in der Nordsee-Zeitung erscheinen wird, beschränke ich mich hier auf ein paar Fundsachen und Anmerkungen.

- Als gesamte öffentliche Investition in die Havenwelten nennt der Magistrat nun eine Summe von 315,9 Millionen Euro. Davon hat Bremerhaven mit 122,4 Millionen Euro fast 40 Prozent beizutragen.

Was zusätzlich aus anderen Budgets finanziert wurde, bleibt zu klären. Als Beispiel lässt sich das Conference Center nennen, das laut Bericht mit gut zwei Millionen Euro außerhalb des Budgets der Havenwelten öffentlich gefördert wurde.

- Als Erfolge vermeldet der Magistrat an erster Stelle wolkige Dinge wie eine "deutliche Imageverbesserung" für Bremerhaven sowie Presseberichte über die Havenwelten mit einem angeblichen "Medienwert" (!) von 75,4 Millionen Euro.

- Als Erfolge hebt der Magistrat auch in einem auffällig langen Absatz hervor, dass es "zahlreiche Nominierungen und Preisgewinne für Spitzenauszeichnungen" (!?) gegeben habe.

- Eher am Rande erwähnt der Magistrat, dass "im Entwicklungsgebiet" angeblich rund 1800 Arbeitsplätze entstanden seien. Setzt man diese zweifelhafte Zahl in Beziehung zu den öffentlichen Gesamtinvestitionen, dann musste die öffentliche Hand für jeden dieser Arbeitsplätze immerhin minimal rund 175.000 Euro berappen.

- Wer sich die Tabelle in der BAW-Studie ansieht, kann aber leicht erkennen, dass diese Zahlenangabe schlicht lügenhaft ist.

Denn auf Seite 71 steht eine Tabelle "Arbeitsplätze im Entwicklungsgebiet", auf der nicht 1800, sondern exakt 1766 Arbeitsplätze angegeben werden, und das auch noch "inklusive Vorbestand" .

Das bedeutet, dass die bereits vorhandenen oder verlagerten Arbeitsplätze im Schiffahrtsmuseum (82), in der Strandhalle (28), im Call-Center (280), im Zoo am Meer (48), bei bremenports (190) usw. in geradezu dreister Fälschung der Tatsachen als Arbeitsplatz-Erfolge der Havenwelten mitgezählt wurden.

Es bleiben vielleicht um die 1000 mit Recht anzuführender Arbeitsplätze übrig, von denen fast ein Drittel Teilzeitarbeitsplätze sein dürften. Wer sich die Lage in den Havenwelten vor Augen führt, weiß darüber hinaus um die zahlreichen Aushilfsjobs, die dort in sämtlichen Branchen angeboten werden.

Eine sonst übliche Umrechung in sogenannte "Vollzeitäquivalente" ist nirgends zu entdecken.

Das könnte bedeuten, dass jeder wirklich ernsthaft zu zählende neue Arbeitsplatz in den Havenwelten mit einer halben Million Euro aus öffentlichen Mitteln gefördert wurde. Selbstverständlich kann die Summe noch höher oder auch niedriger liegen, aber das können vielleicht die Experten unserer Wirtschaftsförderung genauer erläutern.

Dass solche Zahlen vom Bremerhavener Magistrat nicht als besonderer Erfolg seiner folgenschweren Struktur- und Wirtschaftspolitik angeführt werden können, ist leicht nachzuvollziehen.

Weitere Anmerkungen:

- Im Gegensatz zu den vielen NZ-Erfolgsmeldungen über das Conference Center ist der Betrieb tatsächlich noch weit vom Ziel entfernt. Dafür wären nämlich mindestens 26.500 Besucher nötig.

Tatsächlich kamen 2009 deutlich weniger als die Hälfte (11.435), und auch 2010 sieht die Bilanz des 1. Halbjahres (7.348 Besucher) im Vergleich zur Zielzahl noch reichlich mager aus. Aber genau dafür zahlt die Stadt Bremerhaven wie verabredet außer ihrem Investitionszuschuss einen "Verlustabgleich".

- Über das Klimahaus heißt es im Bericht auf Seite 27, es seien im ersten Betriebsjahr die angesetzten Zielzahlen von 800.000 Besuchern übertroffen worden. Das ist falsch. Es waren laut Zahlenangabe im Bericht auf Seite 28 ganz genau 747.668.

Selbstverständlich ist das eine Kleinigkeit, aber es illustriert immerhin den laxen Umgang mit der Wahrheit.

- Geradezu kurios ist die Behauptung über die grandiosen Folgen der neuen Wohnungen im Gebiet der Havenwelten. Als Beleg für eine angebliche "Wende in der Einwohnerentwicklung" (!!) Bremerhavens werden die Einwohnerzahlen im Ortsteil Mitte-Süd angeführt. Diese Zahlen sind zwischen 2005 und 2010 von 4.795 auf 4.877 angewachsen.

Die angebliche "Wende in der Bremerhavener Einwohnerentwicklung" besteht also aus einem Plus von 82 Menschen und somit einem enormen Anstieg der Einwohnerzahl um etwa 1,5 Prozent.

Was die Havenwelten offensichtlich am allerbesten können, ist das Aufblasen winziger Geschehnisse zu Mega-Erfolgen im Weltmaßstab. Bei den entstandenen Folgekosten läuft das übrigens genau anders herum.

Tolle Sache - echt!

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Dienstag, Dezember 21, 2010

Bremerhavens Oberbürgermeister bejubelt katastrophale Lage der Stadt im Städteranking - Unternehmerfreundlichkeit ist für ihn das wichtigste Kriterium...

Seestadtpresse Bremerhaven - Ein Sozialdemokrat jubelt, weil die Unternehmer mit dem Magistrat der Stadt Bremerhaven höchst zufrieden sind, während die Arbeitnehmer noch immer auf kleine Verbesserungen warten müssen. 

Eine etwas merkwürdige Weltsicht - oder?

Den Anlass für das Jubeln eines oberbürgermeisterlichen Sozialdemokraten bietet eine Studie der Unternehmerlobby-Organisation namens "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft".

Darin ist Bremerhaven im Gesamtranking ziemlich weit unten auf dem 72. von 100 Plätzen gelandet.

Im Niveauranking steht Bremerhaven sogar auf dem 91. von 100 Plätzen.

Bei der Arbeitslosenqoute befindet sich Bremerhaven auf dem 98. von 100 Plätzen, also im Negativen dem 3. Spitzenplatz.

Bei den Empfängern von Arbeitslosengeld II steht Bremerhaven auf dem allerletzten Platz, also dem negativen Spitzenplatz.

Aber der sozialdemokratische Oberbürgermeister lässt den Magistratspressedienst schon in der Überschrift jubeln: "Wirtschaftsfreundlichkeit: Bremerhaven holt bei Städtevergleich die beste Note".

Und er freut sich, dass die Gewerbesteuer in der bettelarmen Stadt deutlich niedriger ist als im Durchschnitt der untersuchten Städte (Hebesatz 395 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt von 422 Prozent).

Den Bericht über diese weiterhin katatstrophale Situation der Stadt feiert der sozialdemokratische Oberbürgermeister hauptsächlich wegen des Lobs der Unternehmerschaft als "Ansporn und zugleich Anerkennung für den Strukturwandel".

Wer solche kuriosen Schlagseiten einer sozialdemokratischen Weltsicht nicht recht glauben mag, kann hier nachlesen.

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Die Bahn redet nun doch vom Wetter - Wie Privatisierung die Qualität öffentlicher Dienstleistungen verschlechtert...

Seestadtpresse Bremerhaven - Angesichts der aktuellen Wetter-Katastrophen-Berichterstattung erinnern manche Beobachter daran, dass diese Katastrophen nicht nur Folge von Naturereignissen sind.

Diese Katastrophen hängen auch mit der neoliberalen Privatisierungs- und Verschlankungspolitik der vergangenen Jahre zusammen.

Denn als Folge des öffentlichen Ausverkaufs- und Sparwahns wurden ganz nebenbei auch die Fähigkeiten zum Umgang mit unvorhergesehenen Ereignissen eingeschränkt. Denn schließlich lassen sich so die Kosten senken - wenn auch letzten Endes auf Kosten der Allgemeinheit.

"Wirkliche Wetterkatastrophen oder nur Verschlechterung der Bedingungen, damit fertig zu werden?" so lautete die Frage in der Seestadtpresse vom 16. Dezember 2010.

Dazu findet sich im heutigen Weser-Kurier vom 21. Dezember 2010 eine interessante Erinnerung an eine alte Werbung der Deutschen Bundesbahn.

Der Slogan: "Alle reden vom Wetter. Wir nicht."

Weser-Kurier vom 21. Dezember 2010 - Titelseite
Die Bildunterschrift im Weser-Kurier: "Es scheint schon fast wie Realsatire: Seit 1966 warb die Bahn mehrere Jahre lang mit diesem Plakat. Heute dürfte ihr schon das Thema Wetter wohl eher unangenehm sein."

Tatsächlich: Satire einfach durch Erinnerung an längst vergangene (Werbe-)Zeiten.

Aber diese Satire richtet sehr schön den Blick auf Zusammenhänge - in diesem Fall die Zusammenhänge zwischen der Qualität einer öffentlichen Dienstleistung und der Verringerung der Qualität durch die Privatisierung.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass über dieses heikle Thema aktuell viel diskutiert wird - beispielsweise über das Zurückholen privatisierter Aufgabenfelder wie Wasserversorgung, Nahverkehr und so weiter in die öffentliche Verantwortung.

Also: Es geht um Rekommunalisierung privatisierter Dienstleistungen zur Verbesserung der Qualität und der Preise des Angebots.

Politiker, die das noch nicht kapiert haben, rackern allerdings noch munter weiter in die entgegengesetzte Richtung...

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Montag, Dezember 20, 2010

Bremerhavener Wettervorhersage für Heiligabend sehr uneinheitlich - Wechselhaftigkeit auch bei den Prognosen zu beobachten...

Seestadtpresse Bremerhaven - In Bremerhaven wird das Wetter Heiligabend sehr gemischt, melden Online-Wetterdienste. Das ist wörtlich zu nehmen, denn die Experten sind sich erkennbar nicht einig über die Perspektiven, wie ein Überblick von Montag, dem 20. Dezember 2010, 9.15 Uhr zeigt.

Die tiefste Temperatur für den Bremerhavener Heiligabend vermeldet "Donnerwetter" mit sage und schreibe minus 9 Grad Celsius. Diese Experten gehen auch davon aus, dass es tagsüber nicht wärmer wird als minus 3 Grad.

Beim "Wetterkontor" sieht es ähnlich aus. Es wird eine Spanne zwischen minus 7 Grad und minus 2 Grad erwartet.

Mehr Milde erwarten die Agenturen "Wetteronline" (dort wird für Heiligabend eine durchgehend bei 0 Grad Celsius liegende Temperatur erwartet) und "Wetter.net" (Temperaturen zwischen minus 4 Grad Celsius und minus 1 Grad).

Einig sind sich die Experten, dass es bewölkt sein soll (nur "Donnerwetter" kündigt Schneefall an).

Für den vorhergehenden Donnerstag, den 23. Dezember 2010, erwarten drei Expertenteams Plustemperaturen bis 2 Grad Celsius (nur "Donnerwetter" geht auch an diesem Tag von maximal minus 1 Grad Celsius aus). Von wirklichem Tauwetter ist in den kommenden Tagen keine Rede, nur zwischendurch kann es mal etwas regnen.

Da darf man ja gespannt sein, wie es wirklich kommt.

Wie immer eigentlich bei Wetterberichten.

Anmerkung 25. Dezember 2010: 
Mit der Wettervorhersage für Heiligabend in Bremerhaven am besten gezielt hat offensichtlich die Seite von Wetter.net.

Nicht schlecht in der richtigen Richtung lag auch die Einschätzung von Donnerwetter.

Erstaunlich weit ab von der tatsächlichen Lage waren Wetteronline und Wetterkontor zu finden.

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Samstag, Dezember 18, 2010

Terrorismusbekämpfung durch Terrorismusproduktion? - Da lassen sich im Internet eigenartige Mechanismen aufspüren...

Seestadtpresse Bremerhaven - Die immer größer werdende bunte Welt irgendwo veröffentlichter Beobachtungen, Gedanken und Analyse steckt voll erhellender Klugheiten. Man muss sie nur aufspüren, und das wird wegen der wachsenden Unübersichtlichkeit erkennbar immer schwieriger.

Allerdings bietet das Internet einen entscheidenden Vorteil: Solche klugen Gedanken können in Windeseile vervielfältigt und weiter verteilt werden. Das erhöht im elektronischen Gesamtsystem sicher die Unübersichtlichkeit noch weiter, kann aber im Kleinen durchaus Vorteile haben, weil sich neue Informationskanäle heraus kristallisieren.

Ein kleines Beispiel für meine Fundsachen: Auf der (übrigens sehr empfehlenswerten) Seite von Foreign Policy in Focus (FPIF), einem Projekt des Institute for Policy Studies (IPS), finde ich einen Hinweis auf die jüngste Welle aufgespürter Terroristen. Es werden drei Beispiel aus den USA (Baltimore, Portland und der Bronx) angesprochen.

Und dann folgt die Anmerkung, dass in allen drei Fällen nicht etwa Al-Kaida oder die Taliban als Hauptkomplize tätig gewesen sei, sondern der US-Geheimdienst FBI.

("Terrorist plots are suddenly everywhere. In Baltimore last week, a 21-year-old construction worker tried to blow up a military recruitment center. In late November, federal law enforcement officials arrested a Somalia-born teenager for plotting to bomb a Christmas tree-lighting ceremony in Portland, Oregon. In October, a jury found the Newburgh Four guilty of planning to bomb two synagogues in the Bronx.In all three cases, the major accomplice was not al-Qaeda or the Taliban. It was the FBI.")

Selbstverständlich ging es dem US-Geheimdienst ausschließlich darum, mögliche Attentäter bereits im Vorfeld unschädlich zu machen. 


Allerdings darf unter Verweis auf Texte beispielsweise in der New York Times vom 1. Dezember 2010 die Frage aufgeworfen werden, ob nicht der Geheimdienst doch eine etwas zu aktive Rolle beim Aufspüren potentieller Täter an den Tag gelegt hat. 

Von "verlockenden Fallen" ("entrapment") ist da die Rede, und hinter dieser Art der herausfordernden Fallenstellerei durch Geheimdienste verbirgt sich eine alte Taktik geheimdienstlicher Aktivisten: Sie mischen sich aktiv in die Vorbereitung von Straftaten ein, kitzeln das verbrecherische Tun sogar mit Geld und Unterstützungsangeboten heraus - und können dann in letzter Minute ein Verbrechen verhindern.

Manche der Terrorismuswarnungen, die uns in regelmäßigen Abständen um die Ohren gehauen werden, dürften auf diese Weise zustande gekommen sein, denn hoffnungslose, unbedarfte und verführbare Menschen gibt es in genügend großer Zahl, in den USA zur Zeit offensichtlich ganz besonders unter somalischen Einwanderern

Und festzuhalten ist auch dies: Eine solche hinterhältige Art der Terrorismusbekämpfung durch gezielte Produktion von Terroristen hat absolut nichts mit der Bekämpfung der Wurzeln des Terrorismus zu tun - wohl eher im Gegenteil. 

Für die Spurensuche auf diesem reichlich unübersichtlichen Feld hat das ebenso unübersichtliche Internet eine ganze Menge zu bieten...

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Freitag, Dezember 17, 2010

Haushalt der Stadt Bremerhaven weiter mit immer schwererer Schlagseite und bekannten Aufschubtricksereien - Und es wird weiterhin die Illusion verbreitet, dass Einschnitte in die riesige kommunale Infrastruktur auf Dauer zu vermeiden sind...

Seestadtpresse Bremerhaven - Die Lage des Haushalts der Stadt Bremerhaven ist seit vielen Jahren katastrophal, weil die Ausgaben permanent weitaus höher sind als die Einnahmen.

Die Dramatik der Finanzen ist durch riesige Investitionen wie die Havenwelten noch weiter verschlimmert worden. Die dadurch noch einmal wieder ausgeweitete kommunale Infrastruktur kann durch die Stadt Bremerhaven schon jetzt aus eigener Kraft nicht finanziert werden.

Das konnte jeder wissen, der es wissen wollte - und das kann auch jetzt jeder wissen, der es wissen will. Der Haushaltsplanentwurf der Stadt Bremerhaven ist für jedermann und jedefrau im Internet nachzulesen (dort unter Anlagen Haushaltsplan-Gesamtentwurf 2011 die pdf-Datei anklicken).

Über die seit Jahren immer katastrophaler werdende Finanzlage kann man zur Zeit eine ziemlich harmlose Berichterstattung in der Nordsee-Zeitung finden. Da werden allgemeine Mechanismen der Haushaltsführung erläutert und ein paar Zahlen zusammengestellt. Die Bilanz stand schon vorher fest: "Bremerhaven muss den Rotstift ansetzen".

Wer aber etwas über den Charakter und die Ursachen der immer noch zunehmenden Schlagseite oder gar über die Perspektiven erfahren will , muss schon genauer hinsehen.

Ein Beispiel: Laut Haushaltsplan gibt die Stadt Bremerhaven im Jahre 2010 für "Tourismusfördernde Maßnahmen" 22,3 Millionen Euro aus und für "Allgemeine Wirtschaftsförderung" 12,1 Millionen Euro. Diese Art der Wirtschaftsförderung summiert sich als auf 34,4 Millionen Euro - Ausgaben, die seit vielen Jahren mit dem Versprechen daraus folgender verbesserter Einnahmen getätigt werden.

Als kleines Schlaglicht auf die bisherigen Erfolge kann dazu ein Blick auf die Netto-Gesamteinnahmen aus der Gewerbesteuer im Stadtgebiet geworfen werden. Sie belaufen sich für 2010 (wohlgemerkt von sämtlichen Wirtschaftsbetrieben der Stadt!) auf gerade einmal 29,3 Millionen Euro.

Selbstverständlich ist diese Gegenüberstellung keine Gesamtbilanz, denn durch die Arbeitsplätze in den geförderten Branchen werden weitere Steuereinnahmen erzielt, auch wenn es sich vielfach um reine Aushilfs- oder Billig-Arbeitsplätze handelt. Aber die Gegenüberstellung kann zumindest auf gewisse Schieflagen aufmerksam machen.

Die insgesamt noch zu tätigenden Zahlungen der Stadt Bremerhaven (zum größten Teil für die Havenwelten) belaufen sich in Form langfristiger Verpflichtungsermächtigungen übrigens auf 184 Millionen Euro

In dem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die riesigen Kosten für den Aufbau der zusätzlichen kommunalen Infrastruktur in den für Außenstehende so glitzernden Havenwelten jemals durch Einnahmen wieder hereinkommen können.

Interessant ist auch ein Blick auf den sogenannten "Konsolidierungsbeitrag" im Jahre 2011, der sich auf knapp 11,4 Millionen Euro beläuft. Nach der eigentlichen Absicht soll dies eine erste Kürzung der Ausgaben sein, damit der Weg bis zum Jahre 2020 einigermaßen kontinuierlich verlaufen kann.

Aber was passiert in Bremerhaven?  

Es wird noch einmal wieder ein Aufschub organisiert. Auch Stadtkämmerer Michael Teiser gestand während seiner Haushaltsrede ein, dass man diesen Betrag selbstverständlich nicht einfach gestrichen habe.

Das bedeutet im Klartext, dass nur für den sehr kleinen Anteil von 1,7 Millionen Euro von einer echten Einsparung geredet werden kann. Der gesamte Restbetrag von 9,7 Millionen Euro "Einsparungen" besteht laut Haushaltsentwurf aus einem "Kurzfristeffekt".

Dahinter verbirgt sich die alte Methode der Verbuchungskünste, denn es wurden unter anderem einfach einmalige zusätzliche Gewinne (+ 2,5 Millionen Euro) sowie bloß aufgeschobene Zahlungen für die Havenwelten, die Bäder usw. (- 6 Millionen Euro) in die Bilanzierung eingesetzt. Hinzu kommen weitere kleinere Veränderungen.

Selbstverständlich müssen die jetzt nur "als ob" eingesparten Gelder später "in echt" zusätzlich eingespart werden. Aber erst einmal wurde wieder Zeit geschunden...

Und noch ein Gedanke: Warum sollte eigentlich nicht zur Haushaltsentlastung das Klimahaus oder das Auswandererhaus zum Schnäppchenpreis für Anleger privatisiert werden?

Dazu ist doch die öffentliche Hand heute da, dass sie aus allgemeinen Steuermitteln Dinge finanziert, damit andere bessere private Geschäfte machen können - oder?

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Sonntag, Dezember 12, 2010

Bremerhavener Träumereien in Vergangenheit und Gegenwart - Identitätskonstruktionen und plakative Etikettierungen...

Seestadtpresse Bremerhaven - Wenn kluge Leute wie Anja Benscheidt und Alfred Kube vom Historischen Museum Bremerhaven geschichtliche Werke verfassen, dann enthalten sie stets auch kleine Beobachtungs- und Gedankenperlen, die gegenwärtiges Geschehen beleuchten können.

Selbstverständlich haben solche Vergleiche geschichtlicher Entwicklungen mit heutigen Situationen nichts mit Gleichsetzungen zu tun.

Manchmal geht es einfach nur um das Erkennen (oder das Wiedererkennen) eines Musters oder vielleicht sogar nur um ein witziges oder erhellendes Beispiel für heutiges Geschehen.

Ich nehme hier als Beispiel das neue Buch "Bremerhaven & Geestemünde. Historische Ansichten zweier konkurrierender Hafenstädte", das übrigens den ersten sehr positiven Eindruck nach der genaueren Lektüre vollauf bestätigt.

Ein Beispiel: Die Autoren arbeiten die ganz unterschiedlichen Entwicklungswege Geestemündes und Bremerhavens heraus. An einer Stelle des Buches heißt es über Geestemünde: "Im Unterschied zu Bremerhaven verzichtete man auf Etikettierungen und plakative Identitätskonstruktionen" (Seite 167).

Das spielt unter anderem an auf die Bremerhavener Träume von einem "Vorort von New York", die mit der Suche nach einer Identität zu tun hatten. In Bremerhaven - so verstehe ich Benscheidt und Kube - bastelte man in dieser weit zurück liegenden Vergangenheit eben im Unterschied zu Geestemünde sehr gerne an Luftschlössern herum.

Es handelte sich sozusagen um Identitätskonstruktionen ohne reale politische und ökonomische Grundlagen. Deren Ziel war es offensichtlich, die tatsächlichen kommunalen Alltagssorgen in Bremerhaven ein wenig beiseite zu schieben.

Im Gegensatz zu dieser Bremerhavener Eigenart arbeitete Geestemünde bewusst an einem städtischen Profil, "das sich auf die eigenen Stärken und spezifischen Traditionen besann" (Seite 167), so Benscheidt und Kube.

Als winzige Nebenbemerkung ist hier noch anzufügen, dass bereits im alten Bremerhaven das Vergnügungsgewerbe als wichtiger Wirtschaftszweig vorhanden war (Seite 127), seinerzeit allerdings lediglich in Form rein privat finanzierter und betriebener Gastwirtschaften und Bordelle.

Das alles ist heute doch ganz anders in Bremerhaven - oder?

Noch ein Gedanke, der einer Leserin oder einem Leser des Buches auffällt: Die Entwicklung urbaner Strukturen in Bremerhaven wurde in früheren Zeiten wahrnehmbar behindert durch eine "einseitig wirtschaftlich orientierte Interessenkoalition". 

Der Zustand der öffentlichen Einrichtungen sei damals "ein Spiegelbild des Bremerhavener Grundsatzes" gewesen, "dass der Hafen und seine Geschäfte Vorrang vor den kommunalen Belangen hatten" (Seite 111). So engagierten sich in dieser Zeit zahlreiche Bremerhavener Unternehmer in der Politik vor allem deswegen, "um leichter ihre Interessen durchsetzen zu können".

Diese unternehmerorientierte Schlagseite der Kommunalpolitik trug letzten Endes mit dazu bei, dass die Entwicklung tragfähiger urbaner Strukturen vernachlässigt wurde. Daher fehlten in Bremerhaven repräsentative Einrichtungen und ein funktionales Stadtzentrum.

Auch dies läuft im heutigen Bremerhaven ganz anders - oder?

Zu betonen ist, dass meine Gedankenspielereien mit Vergleichen zwischen früheren und heutigen Zeiten in Bremerhaven zwar durch die Buchlektüre angeregt wurden, dass die Autoren aber selbstverständlich nicht mit meinen Ansichten verflochten werden dürfen, wenn sie das nicht möchten.

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Freitag, Dezember 10, 2010

Wenn Politiker Reden halten - Senatoren, Oberbürgermeister und Kulturstadträte können sich da schon einmal in ihren Manuskripten verheddern...

Seestadtpresse Bremerhaven - Wenn Politiker Reden halten, verwenden sie sehr häufig Texte, die ihnen irgendwelche Berater, Mitarbeiter oder Untergebene aufgeschrieben haben.

Da passiert es diesen Politikern nicht selten, dass sie vor ihrem Auftritt keine Zeit mehr für eine ausführlichere Lektüre gefunden haben. Sie sind dann auf ihr improvisierendes Vorlesetalent in Kombination mit dem Einbau mentaler Textbausteine angewiesen.

Das kann bei Rednern und Zuhörern zu Irritationen führen - nicht nur, weil Stottern und Stammeln für beide Seiten unangenehm sind.

So konnte kürzlich über einen Hamburger Senator berichtet werden, der im alltäglichen Politikergerenne das falsche Manuskript aus der Tasche zog und einen Redebeitrag zum Besten gab, der leider ganz und gar nicht zum gerade verhandelten Thema passte. Er hatte ganz einfach zwei Manuskripte vertauscht und merkte es selbst nicht einmal, so dass der Parlamentspräsident ihn darauf aufmerksam machen musste.

Beobachter aus unserer Region kennen einen Oberbürgermeister, der sich während seiner Ansprach offensichtlich selbst wundert über das, was er gerade vorliest. Dann schiebt er in verblüffender Offenherzigkeit die wunderbare Formulierung ein "Das hat man mir hier aufgeschrieben."

Auf kuriose Weise zu Blocks kam jüngst der Bremerhavener Kulturstadtrat Rainer Paulenz, als er anlässlich der Präsentation des neuen Buchs "Bremerhaven & Geestemünde. Historische Ansichten zweier konkurrierender Hafenstädte" im Historischen Museum Bremerhaven auch auf den Inhalt des Buches zu sprechen kam. Er lobte seine besonderen Qualitäten und deutete die erhellenden Einblicke und die Präzision der Darstellung an und drückte so seine Meinung aus, dass dieses Buch einen fundierten und gut lesbaren Überblick über die geschichtliche Entwicklung der beiden Städte gibt.

Während dieser wortreichen Erläuterungen des Kulturstadtrats zu den Inhalten und Qualitäten des präsentierten Buchs grienten manche Zuhörer still vor sich hin, denn kurz zuvor hatte der Redner etwas leichtfertig in einer Nebenbemerkung eingestanden, dass er das Buch noch gar nicht lesen konnte, sondern nur den Bildteil blätternd überflogen hatte.

Nun ja. Das kann passieren.

Das hatte man ihm wohl so aufgeschrieben.

Donnerstag, Dezember 09, 2010

Bremerhavener Arbeitslosigkeit im Bundesvergleich katastrophal hoch - Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) vermeldet erstmals negative "Spitzenposition" für die Seestadt...

Seestadtpresse Bremerhaven - Wie Paul M. Schröder vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) am 9. Dezember 2010 mitteilte, glitschte Bremerhaven trotz hoher Investitionen in die Veränderung der einseitigen Wirtschaftsstruktur bei der Arbeitslosigkeit erstmals in eine negative "Spitzenposition"

Ein besonders erschütterndes Ergebnis laut BIAJ: "Im November 2010 war in keiner anderen kreisfreien Stadt und in keinem Landkreis ein so hoher Anteil der registrierten Arbeitslosen auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angewiesen wie in der Stadt Bremerhaven (86,8%)". 

Außerdem gab es in Bremerhaven bei der registrierten Arbeitslosigkeit den höchsten Anstieg im Vergleich der kreisfreien Städte und Landkreise (in der Zeit von November 2009 bis November 2010 um 12,9%). 

Und noch etwas laut BIAJ: "In keiner anderen kreisfreien Stadt und in keinem Landkreis wurde von der Statistik der Bundesagentur für Arbeit eine so hohe Arbeitslosenquote registriert wie in der Stadt Bremerhaven (16,4% bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen bzw. 18,0% bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen)." 

Der Rückblick auf die Monate November in den Jahren 1999 bis 2010 zeige zudem, dass diese "Spitzenposition" bei der Arbeitslosenquote aller kreisfreien Städte und Landkreise für die Stadt Bremerhaven erstmals im November 2010 registriert worden sei. 

Paul M. Schröder macht darauf aufmerksam, dass der scheidende Oberbürgermeister Jörg Schulz bei seinem Amtsantritt in puncto Arbeitslosigkeit eine deutlich bessere Situation vorgefunden hat. Zum Abschluss seiner Amtszeit erreicht Bremerhaven nun erstmals den negativen Spitzenrang im bundesweiten Vergleich.  

Eine weitere Anmerkung: Über die kuriose Berichterstattung der Nordsee-Zeitung zum Thema Arbeitslosigkeit in Bremerhaven machte die Seestadtpresse bereits am 1. Dezember 2010 ein paar kritische Anmerkungen.



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Prachtvolles neues Bremerhaven-Buch über die Entwicklung von Geestemünde und Bremerhaven im Wirtschaftsverlag NW erschienen - Autoren-Duo Benscheidt und Kube vom Historischen Museum Bremerhaven...

Seestadtpresse Bremerhaven - In vielerlei Hinsicht geradezu prachtvoll gemacht ist eine neue Veröffentlichung des Historischen Museums Bremerhaven. "Bremerhaven & Geestemünde. Historische Ansichten zweier konkurrierender Hafenstädte", lautet der Titel des Buches. Es wurde vom Direktoren-Duo Anja Benscheidt und Alfred Kube erarbeitet und erschien im Bremerhavener Wirtschaftsverlag NW.


Die Buchvorstellung fand am am Abend des 8. Dezember 2010 in den Räumen des Historischen Museums statt.

Die beiden Hafenorte an der Mündung der Geeste in die Weser, die heute als Stadtteile zur Seestadt Bremerhaven gehören, seien in ihrem geschichtlichen Heranwachsen stets eng aufeinander bezogen gewesen, erläuterte Alfred Kube während der Präsentation. Er sprach von einer "beinahe zwangsläufigen Entwicklungsgeschichte" der Städte, die aus frühen Ankerplätzen an der Geeste hervorgegangen sind.

In zwei jeweils etwa 100 Seiten langen Kapiteln werden das hannoversche Geestemünde und das bremische Bremerhaven vorgestellt. Am Anfang stehen für jede Stadt acht historische Merkmale, mit deren Hilfe sich die besonderen Entwicklungslinien erschließen lassen und aus denen sich unter anderem auch die bis heute zu beobachtenden "Mentalitätsgrenzen" ergeben.

Es folgen für jede Stadt Kapitel über die jeweiligen Ufer der Geeste, die Häfen und die öffentlichen Einrichtungen sowie über Straßen und Häuser. Alle Kapitel werden mit einem erläuternden Text eingeleitet und bringen dann das hervorragend reproduzierte historische Fotomaterial. Zu jedem einzelnen Foto gibt es ohne Ausnahme ausführliche Hinweise.

Unter den charakteristischen Merkmalen für Bremerhaven nannte Kube beispielsweise das Faktum, dass die Stadt insbesondere wegen der Versandung der Weser als "bremische Notlösung" wie eine Art von "Inselhafen im Königreich Hannover" entstand und wegen der hohen Kosten von Anfang an ein in Bremen ungeliebtes Projekt war. Im Zusammenspiel mit den anderen skizzierten Merkmalen könne man daraus die Ursachen für eine Reihe kommunaler Defizite schlüssig ableiten.

Im Vergleich dazu war die Entwicklung Geestemündes komplizierter, weil eine größere Zahl divergierender lokaler und überregionaler Interessen gebündelt werden mussten. Die Stadt sei gezielt als Verkehrsknotenpunkt gegründet worden, so Kube, und verfügte anfangs über eine deutlich stärker differenzierte Wirtschaftsstruktur als Bremerhaven.

Folgenreich war laut Kube auch die Tatsache, dass sich Bremerhaven räumlich nur innerhalb enger Grenzen entwickeln konnte, während das seit 1866 preußische Oberzentrum Geestemünde über sehr viel mehr Raum für eine urbane Entwicklung verfügte. Im Jahre 1927 hatten die zu Wesermünde zusammengeschlossenen preußischen Gemeinden etwa die dreifache Einwohnerzahl des "umzingelten" bremischen Bremerhavens.

Das Buch "Bremerhaven & Geestemünde" von Anja Benscheidt und Alfred Kube umfasst 288 großformatige Seiten mit 218 historischen Schwarz-Weiß-Fotografien und 56 farbigen Abbildungen. Es ist im Wirtschaftsverlag NW, Verlag für neue Wissenschaft in Bremerhaven erschienen und kostet 22.80 Euro.

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