Montag, Juli 23, 2007

Bremerhaven baut auf Pump eine Riesen-City, während wachsende soziale Probleme in den Stadtteilen oft unbeachtet bleiben - ein Beispiel aus Lehe...


Rücksichtslose Mietnomaden könnten das soziale Gefüge ganzer Quartiere untergraben. Mit diesem Alarmruf macht das Stadtplanungsamt auf eine Art "innerer Zersetzung" aufmerksam, die bisher unbemerkt geblieben sei. Anstoß zu dieser Äußerung war der Antrag von Eigentümern, ihr Haus Rickmersstraße 32 im Stadtteil Lehe abreißen zu lassen, weil es von Mietnomaden unbewohnbar gemacht wurde.

Vandalismus in leerstehenden Häusern bringe stets die Gefahr des Kippens ganzer Nachbarschaften mit sich, erläutert Baustadtrat Volker Holm (CDU). "Deshalb haben wir uns diesen Strukturfonds ausgedacht, der Abrisse von Häusern auf öffentliche Kosten ermöglicht." Leider sei die Resonanz nicht so groß gewesen wie ursprünglich erhofft. Als einziges größeres Beispiel für das Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Stadtumbau West nennt Holm den Abriss des Komplexes "Schiefhausen".

Was in den kommenden Wochen noch als letztes Element des Programms erledigt wird, war für die Eigentümer eine wahre Horrorgeschichte. Sie hatten das Haus mit sieben Wohnungen und Ladenräumen in der Rickmersstraße erworben und ihr gesamtes Kapital in das Vorhaben gesteckt, berichtet die Eigentümerin Ingrid Ahrends. Dann seien Mietnomaden in eine der Wohnungen eingezogen und hätten mit Lärmereienn, Drohungen und Gewalttätigkeiten die anderen Mieter in Panik versetzt.

"Wir hatten ständig die Polizei im Haus, aber das half alles nichts", sagt sie. Innerhalb von etwa anderthalb Jahren seien alle übrigen Mietparteien vor dem Terror geflüchtet. Die Mietnomaden drangen dann in deren Räumlichkeiten ein und plünderten die Einrichtung. Installationen, Thermen, Rohre und Kabel - alles sei herausgerissen und zerstört worden, bevor die Mietnomaden selbst verschwanden, berichtet die Eigentümerin.

"Wir haben lange versucht, gegen die Randalierer vorzugehen, aber es war vergeblich", berichtet die Frau. "Jetzt ist uns nichts anderes übriggeblieben, als den Antrag auf Abriss zu stellen." Und obwohl bald nur noch das bloße Grundstück von ihrer einstigen Wertanlage übrig sein wird, müssten noch restliche Kredite abbezahlt werden. Ihre Bilanz: "Wir sitzen auf einem Schuldenberg." Und ob das leer geräumte Grundstück in einer solchen Lage überhaupt zu verkaufen ist, gilt durchaus als zweifelhaft.

Baustadtrat Volker Holm sieht aus der Sicht des Magistrats keine Möglichkeiten, gegen Entwicklungen dieser Art tätig zu werden. Seiner Meinung nach hat der juristische Schutz der Mieter solche Ausmaße angenommen, dass "Eigentümerrechte zerstört werden". Dagegen steht allerdings die Darstellung des städtischen Planungsamts. Das Amt hält in einigen Stadtquartieren ein koordiniertes Vorgehen gegen absolut rücksichtslose Mieter mittlerweile für dringend geboten.

"Das sind längst keine Einzelfälle mehr", betont Norbert Friedrich, zuständig für Bebauungsplanung. Insbesondere durch das verhängnisvolle Wirken des Mietertypus "arbeitslos, männlich, mittleres Alter, alleinstehend und mit Hund" sei das innere Gefüge mancher Quartiere in geradezu bedrohlicher Weise aus dem Lot geraten. "Da beobachten wir eine massive Zunahme der Probleme", stellt er fest, "und dagegen kann man längst nicht mehr ausschließlich baulich angehen."

Labels: , ,

Samstag, Juli 21, 2007

Der Bremerhavener Baustadtrat Volker Holm (CDU) wird von allen Parteien kräftig unter Beschuss genommen - Holm nimmt Kritik nicht besonders ernst...


Heftige Kritik muss sich der Bremerhavener Baustadtrat Volker Holm (CDU) gegenwärtig anhören, weil er nach Auffassung größerer Teile der Stadtverordnetenversammlung in der Bau- und Verkehrsplanung höchst unglücklich agiert. Mit Blick auf die Verbindung zwischen Autobahn und Containerterminal charakterisiert die FDP Holms Verhalten als "unqualifiziert, unprofessionell und streckenweise richtig peinlich". Selbst die CDU hat Verständnis für diese Kritik.

Insbesondere Holms Informationspolitik im Zusammenhang mit Verkehrs- und Bauprojekten stößt zahlreichen Stadtverordneten sauer auf. "Wir haben großes Verständnis für die Kritik der Opposition, dass sie sich durch Holm nicht informiert fühlt", sagt CDU-Fraktionschef Paul Bödeker und fügt als "Trost" hinzu: "Der großen Koalition geht es allerdings nicht anders." Der Baustadtrat lasse keinen Willen zur Zusammenarbeit erkennen. Bödeker spricht von einem "gestörten Vertrauensverhältnis" und meint: "Holms Arbeitsstil ist eine Katastrophe."

In dieselbe Kerbe schlug kürzlich auch die SPD, als sie Holm aufforderte, gegenüber der Bevölkerung in stärkerem Maße für "eine geordnete und transparente Darstellung von Hintergründen und Abläufen bei Bauprojekten" zu sorgen. Dies sei etwa bei der Ansiedlung von Supermärkten nicht geschehen, die teilweise durch verkleinerte Spielflächen für Kinder ermöglicht werden sollten.

Laut SPD-Sprecher Sönke Allers versucht Holm "Gewerbeansiedlungen mit Brachialgewalt gegenüber Interessen von Kindern und Eltern durchzusetzen". Gleichzeitig würden Vorwürfe geprüft, dass Holm Anfragen der Opposition mehrfach "nicht korrekt beantwortet haben soll". Selbst Investoren erhielten benötigte Informationen anscheinend "nur scheibchenweise", kritisiert Allers.

Während die FDP vor diesem Hintergrund Holms Rücktritt fordert und meint, es sei für ihn "Time to say Goodbye", spricht die SPD etwas zurückhaltender vom mittlerweile erreichten "Ende der Fahnenstange". Auch die CDU befindet sich in deutlich erkennbarer Distanz zu "ihrem" Stadtrat. Man habe seine Arbeit in klaren Worten kritisiert, aber ihm bisher noch keinen Rücktritt nahegelegt, resümiert der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Neuhoff.

Stadtrat Holm reagiert gelassen auf die herabprasselnde Kritik. Wer Rücktrittsforderungen stellt, müsse sich fragen lassen, ob da nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, meint er. In Fragen der Stadtentwicklung seien Streit und Unmut überhaupt nicht zu vermeiden, weil stets unterschiedlichste Interessen berührt werden. "Wer auf einem solchen Posten bereits nach den ersten kontroversen Anläufen seine Fahne in den Wind hängt, kann nicht zurechtkommen", stellt Holm fest. Am Ende der Diskussionen gehe es darum Mehrheiten zu organisieren, "und das ist mir bisher immer gelungen".

Labels: , , ,

Freitag, Juli 20, 2007

Verbesserte Hafenanbindung in Bremerhaven - Die CDU übt heftige Kritik an Oberbürgermeister und Baustadtrat

In der Frage einer leistungsfähigen Verkehrsverbindung des Bremerhavener Containerterminals verschärft die CDU ihre Kritik am Vorgehen von Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD) und Baustadtrat Volker Holm (CDU). Als "absolut unmöglichen Vorgang" und einen "Riesenfehler" bezeichnet der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Bödeker deren Versuch, ein Tunnelbauwerk an den Stadtverordneten vorbei durchzusetzen.

Bödeker verlangt zunächst eine sorgfältige Abwägung sämtlicher Alternativen und eine "ergebnisoffene Diskussion" der verantwortlichen Politiker. "Es gibt viele Indizien, dass die Alternativen zum favorisierten Tunnelbau aus durchsichtigen Gründen nicht ernsthaft geprüft wurden", moniert der CDU-Politiker. Insbesondere die Nordumgehung über niedersächsisches Gebiet sei negativ dargestellt worden, obwohl sie klare Vorteile biete, beispielsweise durch den ungestörten Hafenverkehr während der gesamten Bauzeit.

Als Beleg für seine Kritik verweist Bödeker auf eine Reihe von Ungereimtheiten der Argumentation von Schulz und Holm. So sei der Tunnel noch vor wenigen Jahren von Fachleuten mit 141 Millionen Euro Baukosten veranschlagt worden, während es jetzt angeblich nur noch 110 Millionen Euro sein sollen. Außerdem sei die vorgeschlagene Umleitung des gesamten Hafenverkehrs wegen der mindestens anderthalbjährigen Sperrung der Cherbourger Straße während der Bauzeit "absolut nicht durchführbar" und werde zu einem Verkehrschaos führen.

Als Folge des Versuchs zum "Durchtricksen" eines Tunnelbaus mitten durch ein Wohngebiet sieht Bödeker wachsende Widerstände. Ein solches Vorgehen mache die Bevölkerung wild und fördere Politikverdrossenheit, meint er. Bödekers Position: "So kann man mit der Politik, den Bürgerinnen und Bürgern und der Hafenwirtschaft nicht umgehen." Daher verlangt die CDU im Einklang mit der Opposition eine Sondersitzung des Bauausschusses.

Bremerhaven" rel="tag">Bremerhaven

Labels: , , , ,

Sonntag, Juli 15, 2007

125 Jahre Heimatbund der "Männer vom Morgenstern"

Der Heimatbund der "Männer vom Morgenstern" (MvM) feiert in diesen Tagen sein 125-jähriges Bestehen. In bemerkenswerter Vielfalt gab es in dieser Zeit zahlreiche lobenswerte Aktivitäten - von der Archäologie über die Volkstumsforschung bis zur kritischen Regionalgeschichtsschreibung. Allerdings lebt die Vereinsgeschichte bis heute mit Legenden - eine umfassende kritische Aufarbeitung fehlt.

"Am Anfang der Geschichte des Morgensterner-Bundes stand ein Bauernsohn aus Rechtenfleth mit Namen Hermann Allmers", stellt der heutige MvM-Vorsitzende Johannes Göhler fest und trifft damit auf breite Zustimmung - ohne den kantigen und weltoffenen Sohn aus begütertem Hause, der persönliche Kontakte zu vielen Geistesgrößen seiner Zeit pflegte, ist der Heimatbund nicht denkbar.

Noch kurz vor seinem Tod im Jahre 1902 charakterisiert ihn Herders Konversationslexikon als einen durch Studien und Reisen vielseitig gebildeten Menschen, der als "Dichter der Marschen" auf seinem angestammten Hof lebte. Schon früh setzte er sich in seinem 1857 erschienenen "Marschenbuch" mit den "Traditionen, Mythen und Bildern seines Marschenlandes" auseinander und schuf so "eine Art Bibel der niederdeutschen Volkskunde", erläutert Göhler.

Für die Männer vom Morgenstern schlug dann laut Göhler die Geburtsstunde am 11. August 1882, als sich Allmers in einer Weddewardener Gaststube "mit einigen Wurster Bauern und Bewohnern der Unterweser-Tripolis Lehe, Bremerhaven und Geestemünde" traf. Fortan sei dort einmal im Monat getagt worden, um die Geselligkeit zu pflegen und Vorträge anzuhören. "Besonders Allmers selbst wusste mit seinen Vorträgen zu begeistern", berichtet Göhler. "Mit ihm stand und fiel der Zusammenhalt der 'Männer vom Morgenstern'."

Daher sei der Bund 1902 nach Allmers' Tod in eine tiefe Krise geraten, aus der außer anderen kulturgeschichtlichen Aktivitäten insbesondere das Interesse für Archäologie und Ausgrabungen herausgeführt habe. Wie sich der Verein der Morgensterner genau über die 1920er und 1930er entwickelte, ist bisher nicht genauer untersucht worden. So fällt auf, dass sich Göhler in seinem Überblick nur sehr oberflächlich mit den Morgensternern während der Nazi-Zeit auseinandersetzt.

Experten wissen, dass in diesen braunen Jahren fast alle Heimatvereine aus heutiger Sicht kein besonders rühmliches Bild geboten haben, weil sie mit ihrer großen Nähe zu Heimat, Blut und Boden nur wenig Abstand zur Ideologie der Nazis halten konnten. So heißt es in einem Geleitwort Erich von Lehes für das Jahrbuch 27, dass die im Heimatbund gepflegten Werte jetzt inbegriffen seien "in dem Wort des Nationalsozialismus von 'Blut und Boden' und im Rassegedanken, den Hauptpunkten nationalsozialisitischer Weltanschauung".

Allerdings gibt es in den Jahrbüchern der Männer vom Morgenstern zum größten Teil unverfängliche Aufsätze, während hauptsächlich in den Geleit- oder Vorworten "auf die nationalsozialistische Pauke gehauen wurde", berichtet ein Kenner der Szene. Andererseits wird Vorsitzenden wie Richard Cappelle im Biographischen Lexikon ausdrücklich bescheinigt, dass sie ihre fachlichen, menschlichen und pädagogischen Fähigkeiten auch in der Zeit des Nationalsozialismus nicht preisgegeben hätten.

Auch Johann Jacob Cordes, der von 1939 bis 1945 gemeinsam mit Cappelle als Schriftführer tätig war, vertrat eine durchaus nüchterne Art der Heimatforschung. "Jede Heimatsimpelei und jeder öde Lokalpatriotismus sind Krebsschäden der gesunden Heimatarbeit", wird Cordes im MvM-Jahrbuch von 1979 zitiert. "Wir haben die Pflicht, die Heimat unseren Nachkommen so zu überliefern, dass sie auch ihnen noch liebenswert ist."

Wenn die Männer vom Morgenstern als der mitgliederstärkste Geschichtsverein im Elbe-Weser-Dreieck (etwa 1400 Frauen und Männer) in der kommenden Woche mit einer Reihe von Veranstaltungen das Jubiläumsjahr feiern, dann gehört dazu auch das jüngste Jahrbuch mit der Nummer 85. Auf fast 400 Seiten finden sich unter anderem Beiträge über die Orgel-Landschaften Hadeln und Wursten, das Leben des Cuxhavener Malers Ernst Gock und eine Spurensicherung zur jüdischen Geschichte in Sandstedt. Wie üblich komplettieren zahlreiche Buchbesprechungen und bibliographische Hinweise das Jahrbuch der Männer vom Morgenstern.

Labels: , ,

Samstag, Juli 14, 2007

Streit um den Zubringer zum Bremerhavener Containerterminal - Magistrat stellt sich gegen die gesamte Kommunalpolitik


Im Bremerhavener Streit um die beste Verkehrsanbindung des Containerterminals kristallisiert sich eine ungewöhnliche Frontstellung heraus - auf der einen Seite die Spitze des Magistrats und auf der anderen Seite praktisch die gesamte Kommunalpolitik. Das zeigte die heftige Kritik an Oberbürgermeister Jörg Schulz (SPD), der jetzt wieder einen Tunnel parallel zur Cherbourger Straße fordert. Selbst seine eigene Partei kündigte Widerstand gegen die Pläne an.

Grundsätzlich stehen weiterhin zwei Lösungsansätze zur Debatte - die bisher favorisierte Hafenanbindung mitten durch das Stadtgebiet im Verlauf der Cherbourger Straße und eine nördliche Umgehung über niedersächsisches Staatsgebiet. Zwar hatte die innerstädtische Variante durch die große Koalition jahrelang das Übergewicht, aber angesichts der immer deutlicher werdenden Probleme bröckelt diese Front sichtbar ab.

Einer der ersten Kritiker aus dem Mehrheitslager war der sozialdemokratische Hafenpolitiker Martin Günthner, gleichzeitig stellvertretender SPD-Vorsitzender in der Seestadt. Er bescheinigte der bevorzugten Trassenführung in Verbindung mit der Cherbourger Straße eine zu geringe Leistungsfähigkeit, die auf längere Sicht die Erreichbarkeit des Hafens gefährden müsste. Dieser Position nähert sich mittlerweile auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Bödeker an, zumal während der mehrjährigen Bauzeit der Hafenverkehr über andere innerstädtische Straßen umgeleitet werden müsste.

Weiter belastet wird die Diskussion dadurch, dass Oberbürgermeister Schulz die Tunnellösung wieder aus dem Hut zauberte, obwohl sie bereits ausdrücklich von der großen Koalition zugunsten des sogenannten "offenen Trogs" im Verlauf der Cherbourger Straße verworfen worden war. Auch die SPD hält den Tunnel für falsch, weil ihm mehrere Häuser in einem Einfamilienhausgebiet zum Opfer fallen müssten.

"Die Maßnahmen können schwerlich gegen den Widerstand unserer Bevölkerung durchgesetzt werden", mahnte die SPD im Frühjahr in einer Stellungnahme - eine Haltung, die offenbar Bestand hat. Denn Günthner kündigte bereits zornig einen Sonderparteitag der SPD zu dieser Frage an, auf dem es nach seiner Einschätzung keine Mehrheit für den Schulz-Vorschlag geben werde.

"Der Schulz-Tunnel wäre eine Katastrophe für Bremerhaven" - mit dieser Aussage reiht sich auch die FDP in die Front der Kritiker ein. "Ein Tunnel würde die Verkehrssituation im gesamten Gebiet chaotisieren, ein Neubaugebiet schwer schädigen und gewachsene Ansiedlungen zerstören", so der FDP-Fraktionsvorsitzende Mark Ella. Das Konzept stehe "in totalem Gegensatz zum Prinzip der wohnlichen Stadt, was weitere Bevölkerungsverluste zur Folge haben müsste". Ella plädiert daher wie andere Kommunalpolitiker für die Nordtrasse als "bürgerfreundlichste, kostengünstigste und vor allem nachhaltigste Lösung".

Labels: , , ,

"Lloyd-Stadt Bremerhaven" - der Norddeutsche Lloyd in Bremerhaven


Das 150-jährige Jubiläum des Norddeutschen Lloyd (NDL) wird nun auch in Bremerhaven mit einer großen Sonderausstellung im Historischen Museum beleuchtet - auf höchst abwechslungsreiche und informative Weise. "Dies ist keine nostalgische Rückschau, sondern eine historisch-kritische Betrachtung", betont Museumsdirektorin Dr. Anja Benscheidt. Dabei gehe es im Kern um die Geschichte der Arbeit an Bord und an Land, weniger um die legendären Schiffe.

"Lloydstadt Bremerhaven" heißt der Ausstellungstitel, der auf die enorme geschichtliche Bedeutung des NDL für die Seestadt verweist. Zehntausende von Menschen aus der Region waren dort als Schiffspersonal, Stauer und Werftarbeiter tätig, und auch die heutige Hafeninfrastruktur "geht auf den Norddeutschen Lloyd zurück und wurde lange Zeit vollständig auf dessen Bedürfnisse abgestimmt", erläutert Museumsdirektor Dr. Alfred Kube. Anfangs sei die maritime Infrastruktur noch als private Investition gebaut worden, seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nur noch mit öffentlichem Geld.

Zwar spielte Bremerhaven nach Angaben des Museumschefs in der offiziellen Geschäftspolitik des Unternehmens eine eher untergeordnete Rolle, aber faktisch sah das ganz anders aus - trotz solcher Akzente wie dem Heimathafen Bremen am Heck der Schiffe. "Man fuhr von Bremerhaven und nicht von Bremen in die Welt", sagt Kube, auch wenn die Bremerhavener Überseehäfen bis 1938 Landeshäfen waren, die erst durch die Nationalsozialistien in stadtbremische Regie überführt wurden.

In Bremerhaven war laut Kube vor 1914 rund die Hälfte der Bevölkerung vom Norddeutschen Lloyd abhängig. "Der NDL war hier der wichtigste und größte Arbeitgeber", lautet seine Diagnose über die zeitweise größte Reederei der Welt. Die Lloyd-Agentur an der Bremerhavener Lloydstraße sei ein halbes Jahrhundert lang deren logistisches Herzstück gewesen. Die Folgen bis heute: "Bremerhaven wurde durch den NDL ein internationales Zentrum der Schiffahrtslogistik."

Die vielfältige Problematik wird im Historischen Museum in drei Themenblöcken aufgeblättert - Schiffslogistik, maritime Infrastruktur und Werftbetrieb, der übrigens als einziges NDL-Segment die Fahne der weltberühmten Reederei bis heute in Form der Lloyd Werft hochhält. Originale Ausstellungsstücke wie Mobiliar und Werkzeuge, zahlreiche Modelle, Dokumente und Bilder sowie sorgfältige Erläuterungen ermöglichen oft überraschende Einblicke in die Geschichte eines Weltunternehmens.

Im Begleitprogramm zur großen Sommerausstellung über die "Lloydstadt Bremerhaven" bietet das Historische Museum in jeder zweiten Woche Führungen an, an diesem Donnerstag um 16 Uhr. Im Museumskino ist bis zum kommenden Sonntag jeweils und 11 und 14 Uhr eine Produktion von Radio Bremen aus dem Jahre 1963 zu sehen. Hans-Heinrich Isenbarth moderiert die Sendung "Hafenmelodie" von Bord des Passagierdampfers Bremen.

Nachdem das Bremer Focke-Museum und das Historische Museum Bremerhaven nun die ersten beiden Teile der großen Landesausstellung über den NDL eröffnet haben, folgt im Deutschen Schiffahrtsmuseum am kommenden Sonntag um 11 Uhr der offizielle Start des dritten Teils. Titel: "Global Player der Schifffahrtsgeschichte".

Weitere Informationen über die Bremerhavener Ausstellungen gibt es im Internet unter "www.historisches-museum-bremerhaven.de" und "www.dsm.de". Über die Bremer Ausstellung "Von Bremen in die Welt" informiert "www.focke-museum.de".

Labels: , ,