Freitag, Dezember 21, 2007

In der Bremerhavener Fußgängerzone geht es kurios zu - Autos dürfen fahren, Radfahrer nicht...

Vorbildliches Verkehrsverhalten von Mitarbeitern der Post gegenüber Radfahrern - hier in der Hafenstraße. Auch die Nordsee-Zeitung beschäftigte sich mit dem Radfahren, allerdings auf ganz andere Weise.

Wie der Name schon sagt, meint die Nordsee-Zeitung, eine Fußgängerzone ist für Fußgänger da.

Merkwürdig ist nur, dass sie bei ihrem Kampf für die Einhaltung der Vorschriften sehr einseitig vorgeht. Denn in dieser Fußgängerzone kann es Radfahrern durchaus passieren, dass sie hinter einem Auto herfahren und von der Polizei wegen ihres Fehlverhaltens angehalten werden, während das Auto weiterfahren darf. Denn für den motorisierten Verkehr bestehen auch tagsüber Ausnahmen.

Gisela Wiegel vom Nord-Süd-Forum hat wegen dieser eigenartigen Berichterstattung und Kommentierung der Nordsee-Zeitung einen Leserbrief geschrieben, in dem sie auf die Zusammenhänge aufmerksam macht. Ihre Überschrift: "Kein Pardon mehr für Fahrradfahrer?"
Gisela Wiegel: "Angesichts des gerade zu Ende gegangenen Klimagipfels in Bali und der vielen dramatischen Hinweise über die Folgen der Klimaerwärmung auch für unsere Region – nicht zuletzt auch von der in Bremerhaven ansässigen Klimaforschung – könnte man nun annehmen, dass die Bremerhavener Stadtverordneten über lokale klimapolitische Maßnahmen diskutieren.

Aber weit gefehlt: Neben dem vor einigen Wochen vorgebrachten – auch nicht gerade zum Klimaschutz passenden - Vorschlag, alles dran zu setzen, um nun doch ein Kohlekraftwerk auf die Luneplate zu holen, fordern sie: „Kein Pardon mehr für Fahrradfahrer!“

Dabei sollte ihnen bekannt sein, dass das Umweltbundesamt schätzt, dass eine konsequente Pro-Fahrrad-Politik den deutschen CO²-Ausstoß um bis zu 13 Millionen Tonnen im Jahr senken würde. Die Frage unserer Stadtverordneten (an vorderster Spitze sollten da eigentlich die Grünen stehen) müsste also sein: „Wie machen wir das Fahrradfahren in unserer Stadt attraktiver? Wie erreichen wir, ein gefahrloses Miteinander der klimaverträglichen Mobilitätsformen, also des Zufußgehens und des Fahrradfahrens, auch in der Innenstadt?“

Wenn Klimaschutz schon kein Anliegen ist, sollten wenigsten die durch die neuen Touristenattraktionen befürchteten Staus in der Innenstadt zum Nachdenken darüber führen, wie man viele Bremerhavenerinnen und Bremerhavener zum Verzicht auf die Autofahrt in die Innenstadt animiert.

Stattdessen wird ein schwerer Unfall im August – verursacht von einem betrunkenen Fahrradfahrer – zum Anlass genommen, „kein Pardon für Fahrradfahrer“ zu fordern. Mir fehlt da ein ähnlicher Aufschrei der Stadtverordneten bei allen Unfällen, die betrunkene Autofahrer hervorrufen.

Alle, die regelmäßig mit dem Fahrrad in die Innenstadt fahren, beklagen, dass gerade im Winter die Parallelwege für Fahrradfahrer sehr gefährlich sind. Ich erlebe immer wieder, dass ich zum Beispiel in der Prager Straße hinter der Großen Kirche von den aus Parklücken fahrenden Autofahrern nicht gesehen werde, gleiches gilt bei Fahrradfahren auf der Hafenrandstraße, dort ist man durch die aus den Parkhäusern im Columbuscenter fahrenden Autofahrer gefährdet.

Meine dringende Empfehlung für alle Stadtverordneten ist deshalb: Sie sollten einmal 4 Wochen konsequent alle Wege mit dem Fahrrad erledigen. Sie würden dadurch erhebliche Mengen CO² einsparen, also einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten und sie würden ihre Gesundheit fördern.

Sicherlich würden sie dann endlich anfangen, ernsthaft zu prüfen, wie sie den Einkauf in die Innenstadt mit dem Fahrrad attraktiver gestalten könnten. Auch würden sie erleben, wie fahrradfeindlich das Klima in unserer Stadt immer wieder ist.

Am Schluss noch eine Anregung für die Redaktion der Nordsee-Zeitung: Ich fände es wichtig, dass einmal ein Redakteur der NZ vier Wochen lang alle Wege mit dem Fahrrad fährt und seine Erfahrungen – vielleicht in einer Kolumne – in regelmäßiger Folge veröffentlicht. So würde die NZ nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern auch das Klima für den Fahrradverkehr in Bremerhaven nachhaltig verbessern."

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Sonntag, Dezember 16, 2007

Kurioses Hin und Her um Gelbe Tonnen in Bremerhaven - Wertstoffsammlung im Kuddelmuddel

Gelbe Wertstoffsäcke oder Gelbe Tonnen in Bremerhaven - diese Alternative sorgt für mancherlei Verwirrungen. Mittlerweile ist das Bremerhavener Stadtgebiet eingeteilt in Abfuhrbezirke, die entweder mit einem "S" für Säcke oder einem "T" für Tonnen gekennzeichnet sind. Beides nebeneinander wird damit ausgeschlossen, obwohl Tonnen als die sinnvollere Lösung angesehen werden.

"Die sind wohl nicht ganz klug", schimpft der Bremerhavener Horst Künning, nachdem er dem neuen Abfuhrkalender entnehmen konnte, dass er die Gelben Tonnen für sein Mehrfamilienhaus zurückgeben muss. "Hier steht es doch", sagt er und zitiert: "Der Buchstabe S bedeutet, dass in Ihrer Straße nur noch gelbe Säcke abgefahren werden."

Allerdings sorgte eine erste Nachfrage bei der angegebenen Hotline für die "gelbe Wertstoffsammlung" zunächst für eine Entwarnung. So sei das falsch, lautete die telefonische Auskunft - selbstverständlich könnten die Tonnen dort weiter verwendet werden, wo sie schon verteilt wurden, auch wenn es sich um einen "S"-Bezirk handelt.

Eine Vergewisserung bei der privaten Bremerhavener Entsorgungsgesellschaft (BEG), die für die Abfuhr zuständig ist, führte allerdings zu der genau entgegengesetzten Auskunft: Laut Vertrag mit dem Dualen System Deutschland (DSD) müsse man in den "S"-Bezirken die gelben Tonnen wieder abholen, hieß es bei der BEG: "Es gibt da einen klaren Vertragstext, und wir sind nur ausführendes Organ."

Eine weitere Nachfrage bei den städtischen "Entsorgungsbetrieben Bremerhaven" (EBB), die den Vertrag mit dem DSD ausgehandelt haben, bestätigte die Einschätzung. EBB-Betriebsleiter und Stadtrat Volker Holm erläutert, dass diese strikte Aufteilung tatsächlich bereits vor drei Jahren im Betriebsausschuss der Gesellschaft beschlossen wurde. Holms Begründung: Beim gleichzeitigen Einsammeln von Säcken und Tonnen erhöhe sich der Aufwand und verteuere die Prozedur.

"Da ist eine doppelte Vorhaltung nötig", meint der Stadtrat. Genau dies bestreitet allerdings die BEG. Nein, heißt es dort auf Anfrage, irgendein Sinn und Zweck dieser strikten Aufteilung sei nicht bekannt. "Es handelt sich um eine Vorgabe der Stadt, und die müssen wir erfüllen", lautet die Auskunft.

Bleibt am Ende die Frage, welche Strategie beim Einsammeln des Verpackungsmülls denn nun in Bremerhaven gefahren wird. Während in den Randbezirken gelbe Tonnen trotz mancher Proteste zwangsweise eingeführt werden, sollen diese Tonnen in der Innenstadt zwangsweise wieder abgeschafft werden. Logisch klingt dies nicht, weil gelbe Tonnen zumindest einen Vorteil haben: Sie sind hygienischer und lassen sich mit hydraulischer Hilfe in die Lastwagen befördern.

"Außerdem verhindern sie das Herumfliegen des Mülls auf der Straße", sagt Horst Künning. "Das kennen wir doch noch von früher zur Genüge, wie dreckig es bei stärkerem Wind überall war." Daher will er sich mit dem jetzt beschlossenen Verfahren nicht abfinden. "Den Unsinn mach ich nicht mit", kündigt er an und verlangt, dass er seine Tonne auch im "S"-Bezirk behalten kann.

Stadtrat Holm möchte das Problem zur Zeit nicht weiter kommentieren. "Ich bin an den Beschluss des EBB-Betriebsausschusses gebunden", sagt er. Ob es eine andere Lösung geben kann, müsse zunächst in diesem Ausschuss geklärt werden.

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Die Überbleibsel des Bremerhavener Traditionshotels Naber unter der Hand verteilt - Fachliche Kontrolle durch das Historische Museum ausgehebelt

Das frühere Bremerhavener Nordsee-Hotel Naber hat Stadtgeschichte geschrieben, und so ist es konsequent, dass wertvollere Teile an das Historische Museum gehen sollten. Allerdings gab es hinter den Kulissen kräftige Rangeleien über die Aufteilung, weil der Magistrat einige Kostbarkeiten direkt übernehmen wollte. Auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS mischte mit im kuriosen Verteilungskampf.

Kulturstadtrat Rainer Paulenz (SPD) bestätigt, dass Beschlüsse des Magistrats und der Gesellschafterversammlung der BIS notwendig waren, um die Weichenstellungen vorzunehmen. "Wir sind der Eigentümer", betont BIS-Chef Hennig Goes, "und wir können die Gegenstände schon aus steuerlichen Gründen nicht einfach so weggeben." Daher musste nach seinen Angaben mit dem Historischen Museum ein Vertrag geschlossen werden, der nun die Dauerleihgaben regelt.

Ob die Aufteilung der Überbleibsel des Hotels Naber unter Federführung der BIS sinnvoll im Sinne der historischen Bewahrung geregelt war, scheint zweifelhaft, weil der Prozess unübersichtlich ablief. So stritten Museumsleitung und BIS beispielsweise über die Vollständigkeit der katalogisierten Gegenstände und den Verbleib der Ölgemälde. Allerdings sorgte auch hier der Magistrat für Verwirrung, weil er anfangs relativ allgemein eine Übergabe an das Museum beschloss, dann aber doch noch eigene Ansprüche geltend machte.

Rainer Paulenz bestätigt, dass mehrere Ölgemälde direkt an den Magistrat gingen, sieht darin aber kein Problem. "Die stehen für Ausstellungen im Museum selbstverständlich zur Verfügung", sagt er. Paulenz bestreitet, dass der umgekehrte Weg sinnvoller wäre, nämlich alles einschließlich der Kunstwerke zunächst in die Obhut der Fachleute des Museums zu geben und erst danach über eine Weitergabe an andere Stellen zu entscheiden.

So entwickelte sich ein problematisches Hin und Her auch um die große Standuhr aus der Naber-Eingangshalle, deren Wert laut Goes auf 4000 Euro geschätzt wurde. Sie war ursprünglich für das Historische Museum vorgesehen, soll nun jedoch auf einem Flur des Magistrats stehen, teilt Goes mit.

Nicht ganz klar ist der Verbleib einzelner Stiche aus der Geschichte des Norddeutschen Lloyd. Goes bestätigt, dass er sie der Lloydwerft angeboten habe, damit sie zusammenbleiben könnten. Dort habe man aber kein Interesse gezeigt.

Zuletzt stand der Rest der Naber-Erinnerungsstücke zum Verkauf, beispielsweise Geschirr, Betten und andere Einrichtungsgegenstände. "Wir verkaufen alles, was nicht niet- und nagelfest ist", sagt Hennig Goes. Nur die Bar bleibe zunächst weiter in der alten Form erhalten, weil ihre Schließung erst für den März 2008 auf der Tagesordnung steht

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Montag, Dezember 10, 2007

Auch die Bremerhavener Politik merkt langsam, dass Geld aus der Stadtkasse nur einmal ausgegeben werden kann... - Protest der Solidarischen Hilfe

Die Solidarische Hilfe protestiert gegen falsche Schwerpunkte der Bremerhavener Politik. Sechs Millionen Euro fließen aus der Stadtkasse in das Mediterraneo, angeblich um damit eine Verschönerung der Architektur zu finanzieren.

Die Folge: Für so manche der dringenden sozialen Aufgaben fehlt in immer stärkerem Maße das Geld.

Hier die Presseerklärung der Solidarischen Hilfe vom 9. Dezember 2007 in Auszügen:

"Magistrat verschenkt zum Nikolaustag Zitruspresse und verdient sich die saure Zitrone.

Viele Eltern verstehen die Welt nicht mehr. Sie sind empört. Der Magistrat zahlt aus der Tasche der Steuerzahler „so einfach mal“ 6 Mill. € an die Unternehmer der „AVW AG“. Mit dem Geld soll das Mediterraneo-Einkaufszentrum mit einer zitronengleichen Dachkuppel verschönert werden. (NZ 6.12.07)

Zugleich sind ein paar Euro Zuschuss zur Einschulung der Kinder einkommensschwacher Familien oder für das Schulessen angeblich nicht bezahlbar.

“Die Subvention von 6 Mill. € ist eine ungeheure Geldverschwendung auch auf Kosten armer Kinder. Sie haben ganz überwiegend kein eigenes Zimmer, keinen Schreibtisch, keinen Computer, und die Eltern besitzen in der großen Mehrzahl kein Auto", sagt dazu Bärbel Kappus von der „Solidarischen Hilfe e.V.“ Trotzdem reiche zum Ende des Monats häufig das Geld nicht mehr.

208,- € im Monat, die es für eine Kind beim Arbeitslosengeld II gibt, sind bei weitem nicht ausreichend, sagt Bärbel Kappus. Solange der Regelsatz für Kinder nicht deutlich erhöht wird, muss hier von der Stadt geholfen werden - statt 6 Mill. € an einen Investor zu zahlen."

Die „Solidarische Hilfe e.V.“ berät und unterstützt Bürger die von Sozialleistungen leben müssen oder ergänzend zum geringen Einkommen erhalten. Schwerpunkt ist seit 2005 die Beratung zu „Hartz IV“. Die „Solidarische Hilfe“ ist in Bremerhaven die einzige von Behörden, Parteien und Verbänden unabhängige Beratungsstelle für einkommensschwache Bürger. Die Arbeit wird teils ehrenamtlich, teils mit finanziell dürftig ausgestatteten AB-Maßnahmen geleistet. Die Miete für das Beratungsbüro wird ganz überwiegend mit Spenden Ratsuchender bestritten.

„Helft damit wir helfen können “Solidarische Hilfe e.V. SSK Kto.: 200 74 87, BLZ: 292 500 00

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Im Bremerhavener Kaiserhafen soll die "Groschenfähre" wiederbelebt werden


Vom Bremerhavener Zolltor Rotersand bis zum Columbusbahnhof sind es quer durch den Kaiserhafen gerade einmal ein paar hundert Meter, während der Weg über die Straßen etwa fünf Kilometer lang ist. Daher drängt der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Frank Willmann darauf, für Fußgänger und Radfahrer wieder eine schnelle Verbindung über das Wasser zu schaffen - wie früher mit der alten "Groschenfähre".

Willmann nennt den bereits begonnenen Neubau der Kaiserschleuse als wichtigsten Grund für die Eile. Denn ab Frühjahr kommenden Jahres muss diese zweite Landverbindung zum Columbusbahnhof und dem Columbus Cruise Center wegen der Bauarbeiten gekappt werden, so dass nur noch ein einziger Zugang für sämtliche Verkehrsteilnehmer besteht - über die große Drehbrücke. Ein Fährbetrieb im Kaiserhafen könnte dann für eine spürbare Entlastung sorgen, meint Willmann.

Darüber hinaus sei die Fähre für Touristen und Kreuzfahrtpassagiere "ein verlockendes Angebot", um die Seestadt von ganz neuen Seiten kennenzulernen. Auch die Beschäftigten des Fruchtterminals und anderer Betriebe könnten von der Verbindung profitieren. Wenn es gelinge, auch die Lloyd Werft mit anzubinden, könnten deren Arbeitskräfte während des Schleusenbaus ebenfalls problemlos an ihre Arbeitsplätze gelangen.

Laut Willmann arbeitet die Hafengesellschaft Bremenports bereits an der Umsetzung der Idee. Die Kosten für die Überfahrten würden zur Zeit noch ermittelt. Ein Fährgroschen wie in früheren Zeiten werde jetzt wohl nicht mehr reichen, meint der Bürgerschaftsabgeordnete, "aber einen Heiermann darf und wird es auch nicht kosten".

Die Bremerhavener Kaiserhafen-Fähre wurde bereits vor mehr als 100 Jahren erstmals eingerichtet und beförderte seinerzeit eine Millionenzahl von Passagieren. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg pendelte die kleine Barkasse zwischen 1953 und 1964 zwischen dem östlichen Anleger am Alten Fährweg hinter dem Zolltor Rotersand und der Westseite des Kaiserhafens. Im Rahmen des Seaport-Projekts der EU arbeitet auch die Bremerhavener Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS schon seit längerer Zeit an einer Wassertaxi-Verbindung durch den Kaiserhafen.

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Sonntag, Dezember 09, 2007

Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung mit riesenlanger Tagesordnung - Artur Beneken trampelt in Fettnäpfchen - Melf Grantz neuer Stadtrat


Der bisherige SPD-Fraktionschef Melf Grantz ist neuer Bremerhavener Stadtrat für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Frauen. Einzelne Mitglieder der Opposition äußerten vor der Wahl durch die Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung Kritik am Verfahren, aber die große Wertschätzung für die persönliche Qualifikation des Kandidaten reichte quer durch alle Fraktionen. Breites Lob erhielt auch Vorgänger Wilfried Töpfer.

Verständnisloses Kopfschütteln ernteten die Grünen mit ihrem Antrag, ausgerechnet durch die Streichung der Leitungsposition dieses Riesendezernats den Startschuss für eine umfassende Magistratsreform zu geben. "Ich finde das sehr merkwürdig und unverständlich angesichts der sonstigen Positionen der Grünen", meinte der SPD-Stadtverordnete Elias Tsartilides und verwies auf die zentrale politische Bedeutung des Aufgabenfeldes.

"Das ist der wichtigste Bereich im Magistrat", betonte auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Bödeker und warf den Grünen vor, sie wollten mit ihrem Vorschlag "die gesamte politische Landschaft durcheinanderbringen", nur um die Arbeit der großen Koalition zu erschweren. Zwar hielt Anke Krein von den Grünen dagegen, der jetzige Zuschnitt der Dezernate sei zu wenig auf die sachlichen Probleme orientiert und verursache zu viel Leerlauf, aber nicht einmal die übrige Opposition wollte die Diskussion im Zusammenhang mit dieser Wahl aufnehmen.

Am Ende wurde der 45-jährige Rechtsanwalt Grantz ohne Gegenstimme bei 7 Enthaltungen gewählt. Sein Vorgänger Wilfried Töpfer (ebenfalls SPD) geht zum Ende des Jahres in den Ruhestand. Selbst CDU-Fraktionschef Bödeker drückte Töpfer ausdrücklich seine Hochachtung aus und bedankte sich für die "gute und strittige Zusammenarbeit". Mark Ella (FDP) meinte, Töpfer habe seine positive Arbeit im Sozialbereich stets "ohne Scheuklappen" verrichtet.

Im Verlauf der mehr als sechsstündigen Sitzung befassten sich die Stadtverordneten mit einer Vielzahl unterschiedlicher Themen. Lob von Bürgerinitiativen erhielten sie für die Entscheidung ein gesamtstädtisches Konzept für die Lenkung des Verkehrs erarbeiten zu lassen. Im Antrag der großen Koalition wird klargestellt, dass Bremerhaven aus mehreren Gründen "verkehrlich vor neuen Herausforderungen" steht.

Als zentralen Gesichtspunkt für das Gutachten fordern die Politiker "eine menschen- und klimafreundliche Verkehrs- und Stadtentwicklung", die alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen müsse. Zuvor übergab die Bürgerinitiative "Brummis umzu" nach eigenen Angaben rund 5000 Unterschriften, die sich wegen des zunehmenden Lkw-Verkehrs in der Stadt für einen Gesamtplan stark machten. Der Unternehmerverein Bremerhaven-Wesermünde lobte den Entschluss der Stadtverordneten, endlich die "Bedenken einer breiten Maße Betroffener aus Wirtschaft und Bevölkerung" aufzunehmen und ein Verkehrslenkungskonzept auf den Weg zu bringen.

Interessant war ein Bündel von Anträgen, in denen die große Koalition den Magistrat auffordert, außer einem "modernen Verkehrskonzept" auch ein "integriertes Flächenprogramm" für Bremerhaven und einen "Masterplan für aktive Umweltpolitik in Bremerhaven" zu erarbeiten. "Als Stadt an der Küste sind wir besonders von der globalen Erd-Erwärmung betroffen", heißt es in der Begründung. "Deswegen soll geprüft werden, wie wir einen kommunalen Beitrag gegen die Klimaveränderung leisten können."

Für Unruhe am Rande der Sitzung sorgte Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken (SPD), der dem Fernsehteam von "buten un binnen" die Dreharbeiten während der Sitzung untersagt hatte, weil keine Drehgenehmigung beantragt wurde. Während der Ordnungsdienst darauf drängte, dass die Fernsehcameras beiseite gelegt werden mussten, ging der Fotograf der NZ ungehindert seiner Arbeit nach. Mit einer persönlichen Intervention sorgte Oberbürgermeister Jörg Schulz schließlich dafür, dass Beneken seine kuriose Anweisung zurücknahm - zumindest für diese Sitzung.

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Mittwoch, Dezember 05, 2007

Auch Bremerhavener können wieder einmal fröhlich lachen - dieses Mal mit Radio Bremen...

Bei Radio Bremen muss sich irgendein Klang- und Klingeldesigner für die Nachrichten im Nordwestradio hochmoderne musikalische Ausrufezeichen oder Gedankenstriche ausgedacht haben.

Mehrmals sollen diese Tonfolgen nach einem bestimmten Rhythmus die Ansagen strukturieren und so vermutlich die Rundfunk-Horcher und -Horcherinnen fesseln.

Das gelingt auch tatsächlich - meistens allerdings auf ganz andere Weise als gedacht.

Denn mal spricht der Ansager noch, und das musikalische Ausrufezeichen pfeffert ihm direkt zwischen die Worte. Ein anderes mal wartet er gespannt ab, aber das Ausrufezeichen bleibt aus, und er muss ohne musikalische Unterstreichungen weiter machen. Weitere Variationen sind möglich, zum Beispiel ein musikalischer Gedankenstrich mitten in einem Beitrag...

Hinzu kommt die Wunderlichkeit, dass nach mehreren bereits gesendeten Beiträgen aus aller Welt ganz plötzlich noch einmal angekündigt wird "Hier kommt ein erster Nachrichtenüberblick".

Nun gut, wer weiß schon heute so genau, was vorher und nachher war, aber einen ersten Überblick stellen sich die meisten Zeitgenossen wohl zu einem anderen Zeitpunkt vor als ausgerechnet mittendrin.

Jedenfalls haben die Radio-Bremen-Nachrichten im Nordwestradio durch diese enorme klangliche Erneuerung auf der Höhe der Zeit ein zusätzliches Spannungselement bekommen.

Hat man erst einmal die Fährte aufgenommen, verführt jeder Beitrag zum unruhigen Lauern - kommt er, oder kommt er nicht, der musikalische Gedankenstrich? Und wann?

Der Rat: Mal genau zu hören bei den Nachrichten im Nordwestradio und sich überraschen lassen.

Und den Nebeneffekt beachten: Man lauscht angespannt auf die musikalische Dramaturgie - und weiß am Ende leider nicht mehr, welche Neuigkeiten eigentlich vermeldet wurden.

So kann's kommen in modernen Zeiten: Form schlägt Inhalt.

Kenner der Szene
weisen darauf hin, dass selbstverständlich nicht die Unfähigkeit der Kolleginnen und Kollegen bei Radio Bremen für Desaster dieser Art verantwortlich ist, sondern das Setzen der Führungsetagen auf den "Riesenwust digitaler Scheiße", der zur technologischen Basis des Sendebetriebs gemacht wurde.

"Da wundert man sich manchmal, dass die überhaupt noch senden", meint einer der Insider und verweist auf den gekauften "Digital-Müll", in dem sich offensichtlich nicht einmal die Lieferfirmen auszukennen schienen.

An der Diagnose in puncto Radio-Bremen-Nachrichten ändert das nichts: Form schlägt Inhalt.

Und am möglichen Vergnügen der Rundfunk-Horcherinnen und -Horcher an den neu gestalteten Nachrichten ändert es auch nichts.

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Dienstag, Dezember 04, 2007

Es ist Zeit für eine neue Bremerhavener Schulpolitik!

Auch in Bremerhaven kann jeder wissen, in welche Richtung eine bessere Schulpolitik laufen muss - mehr gemeinsames Lernen, kein Auseinandersortieren der Kinder, ganztägige Angebote, früherer Beginn der pädagogischen Arbeit.

Wer Interesse hat, kann ein Beispiel aus Kanada ansehen - der Spiegel vom 4. Dezember 2007 - Online-Ausgabe - berichtet darüber.

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Auch in Bremerhaven müssen beim Geldausgeben Schwerpunkte gesetzt werden - Die Zeit des munteren Verplemperns ist vorbei

Wer knapp bei Kasse ist, kann nicht mehr alles Gewünschte machen. Er muss Schwerpunkte setzen, so schwer ihm dies auch fällt.

Das ganze Land Bremen befindet sich aktuell in einer solchen Phase der Anpassung der Wünsche an die tatsächlichen Möglichkeiten, nachdem jahrelang munter auf Pump gewirtschaftet wurde. Die künftigen Generationen werden es uns danken.

Dass diese Art zukunftsblinder Politik selbstverständlich auch anderswo in der Welt gang und gäbe ist, illustriert die New York Times vom 4. Dezember 2007. Dort schreibt der Kolumnist Bob Herbert über den Irak-Krieg, der nach einer Aufstellung aus dem Senat die unglaubliche Summe von bis zu 3500 Milliarden Dollar kosten könnte.

Bob Herbert moniert nicht nur die Opferung vieler Menschenleben, sondern auch die Verschwendung des Geldes: "A country that can’t find the money to provide health coverage for its children, or to rebuild the city of New Orleans, or to create a first-class public school system, is flushing whole generations worth of cash into the bottomless pit of a failed and endless war."

Selbstverständlich: Bremerhaven ist von solchen Summen himmelweit entfernt, und die Stadt ist auch nicht in einen solchen aberwitzigen Krieg verwickelt.

Aber auch in Bremerhaven folgt das Problem demselben Muster: Nachdem jahrelang Geld mit vollen Händen für die Wirtschaftsförderung ausgegeben wurde, ohne die erhofften Effekte besonders stark zu überprüfen, zeigen sich nun die bitteren Kehrseiten dieser Politik - für Kinder, Schulen und ähnliche lebenswichtige Vorhaben fehlen die benötigten Mittel.

Gleichwohl steigt die Verschuldung immer weiter, und auch solche Wunschvorhaben wie das Eisstadion (Kosten mittlerweile geschätzt auf mehr als 16 Millionen Euro) oder das Kongresszentrum am Deich werden ungebrochen weiter verfolgt.

Man darf gespannt sein, wann sich irgendjemand in der Kommunalpolitik traut, entschlossen die Reissleine zu ziehen und ernsthaft ein entschlossenes "Es reicht" zu signalisieren.

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Montag, Dezember 03, 2007

Bisher ist doch alles gut gegangen - auch in Bremerhaven ist ein verantwortungsloser Umgang mit den Klimaproblemen immer noch üblich

Die Mehrheit der Bremerhavener Kommunalpolitiker hat den Schuss offensichtlich noch nicht gehört. Während die Warnungen vor den Folgen des Klimawandels immer dramatischer werden, gestaltet sie ihre Politik weiter im gewohnten Gang und in den alten Bahnen.

Ein schönes Beispiel dafür lieferte am vergangenen Dienstag die Nordsee-Zeitung: Auf der Politikseite war ein Interview mit dem "Umwelt-Vordenker" Jakob von Uexküll zu lesen, in dem er im Einklang mit dem Weltklimarat der UN die bisher "viel zu wenigen" und "viel zu kleinspurigen" Maßnahmen gegen den Klimawandel kritisierte.

Uexküll erinnerte an die rasend schnelle wirtschaftspolitische Kehrtwende Englands und der USA, als sie durch den Nationalsozialismus bedroht waren. Da hätten sie "keine Dreißigjahrespläne, sondern Dreimonatspläne" gemacht und ihre Volkswirtschaften in aller Eile auf die Notwendigkeiten des Kampfes gegen die bedrohlichen Nazis umgestellt.

Ein solches "Verständnis von Dringlichkeit" müsse endlich auch für den Umgang mit dem Klimawandel gelten, mahnte von Uexküll und forderte drastische Eingriffe.

Wer das Zeitungsblatt umdrehte, fand dort ein Beispiel für die trotz aller Erkenntnisse fortdauernde politisch Blindheit - die Meldung, dass Bremerhavener Politiker ein Kohlekraftwerk auf der Luneplate wollen, weil es sonst "direkt vor der Nase in Blexen" entstehen könnte.

Es gibt da die schöne Geschichte von dem Mann, der aus dem 23. Stockwerk eines Hochhauses gestürzt ist. Als er am 16. Stockwerk vorbeigeflogen kommt, murmelt er zufrieden: "Bisher ist alles gut gegangen."

Wer die ungebrochene Raserei unserer politischen und wirtschaftlichen Führungskräfte direkt hinein in die ökologische Sackgasse beobachtet, erkennt in dem stürzenden Mann ihren Bruder im Geiste.

Denn bisher ist doch wirklich alles gut gegangen - oder?

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Sonntag, Dezember 02, 2007

Mehrheit der Bremerhavener Kommunalpolitiker will ein Kohlekraftwerk - ohne Rücksicht auf die Klimaproblematik

Die Mehrheit der Bremerhavener Kommunalpolitiker wünscht sich ein Kohlekraftwerk auf der Luneplate, weil neue Arbeitsplätze und mehr Gewerbesteuereinnahmen locken. Oberbürgermeister Jörg Schulz betont, dass im vergangenen Jahr hinter den Kulissen intensiv verhandelt wurde, allerdings bisher ohne Erfolg. Nur die Grünen kritisieren das Vorhaben unter Verweis auf die aktuelle Klimadiskussion als groteske Fehlentwicklung.

"Es ist schon eine schizophrene Situation", meint der grüne Fraktionsvorsitzende Dr. Ulf Eversberg und nennt die dramatischen Erkenntnisse über den Klimawandel als Beleg, dass eine drastische Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen unabweisbar sei. Vor diesem Hintergrund über "klimaschädliche Kohlekraftwerke" im Land Bremen nachzudenken, gehe in die völlig falsche Richtung, macht Eversberg deutlich.

Unklar ist zur Zeit, ob die Bremerhavener Kohlekraftwerksdiskussion überhaupt noch einen ernsthaften Hintergrund hat oder ob nur die üblichen kommunalpolitischen Rangeleien ausgetragen werden. Allerdings nahm Oberbürgermeister Schulz die Diskussion als Anlass, um die vor fast anderthalb Jahren gestarteten Verhandlungen mit einem "Schweizer Investor" detailliert nachzuzeichnen.

Dabei seien von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS mehrere Grundstücke in der Stadt ins Gespräch gebracht worden, unter anderem auf der Luneplate. Allerdings habe der Investor dann die erbetenen Unterlagen über sein Projekt nicht vorgelegt und mitgeteilt, dass er einen anderen Standort bevorzuge. Danach soll es seit etwa zwölf Monaten keine weiteren Bremerhavener Kontakte mehr zu diesem Investor gegeben haben.

Gleichwohl bietet Schulz jetzt an, sich erneut für das Kohlekraftwerk auf der Luneplate einzusetzen, "wenn die Parteivorsitzenden der großen Koalition eine solche Ansiedlung persönlich unterstützen". Er erwarte, "dass die Politik dahintersteht", betonte der Bremerhavener Oberbürgermeister, sonst werde die Arbeitskraft der städtischen Wirtschaftsförderer "unnötig vergeudet". Die so Angesprochenen reagierten irritiert, weil ihre positive Haltung längst klar sei.

In der kommunalpolitischen Diskussion bisher nicht aufgenommen wurde die Argumentation der Grünen, dass auch moderne Kohlekraftwerke im Gegensatz zu den klimapolitischen Notwendigkeiten riesige Mengen CO2 ausstoßen, auch wenn sie möglicherweise besser seien als "die alten Dreckschleudern". Eversberg: "Wir müssen jetzt endlich auch in Bremerhaven Farbe bekennen und uns deutlich für den Klimaschutz und die Herabsenkung des CO2-Ausstoßes einsetzen." Dazu müssten endlich "konkrete Handlungsstrategien" entwickelt werden.

Uneingeschränkte Unterstützung erhält diese Position durch den bekannten Klimaforscher Professor Mojib Latif. In einem Interview mit der NZ mahnte er, es dürfte weder Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke noch neue Kohlekraftwerke geben. "Sonst kommen Wirtschaft und Technik nicht ins Handeln", lautete seine Begründung. Nur durch einen solchen Druck durch verlässliche politische Rahmenbedingungen werde der Einfallsreichtum der Wirtschaft wirksam angestachelt.

Professor Latif warnte mit Nachdruck vor einer Verharmlosung der Folgen des Klimawandels und daher vor einem weiteren Hinausschieben drastischer Entscheidungen. Auf die Frage, ob es denn passieren könne, dass eine Stadt wie Cuxhaven in Folge des ansteigenden Meeresspiegels nicht zu halten sei und verlegt werden müsse, meinte der Wissenschaftler: "Das kann schon sein..."

Daher müsse die Weltwirtschaft komplett auf erneuerbare Energien wie Sonne, Wasserkraft und Wind umgestellt werden. Professor Latif: "Je früher wir damit anfangen, desto besser."

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