Macht sich der Bremerhavener Oberbürgermeister Jörg Schulz mit seinem angekündigten Rückzug selbst zur "lahmen Ente"?
Der Bremerhavener Oberbürgermeister Jörg Schulz wiederholt seit Jahren, dass sich die Seestadt als Folge seiner Politik "auf einem guten Weg" befindet.
Was dabei gern unter die Decke gewischt wird, ist die Tatsache, dass dieser für manche Bewohner Bremerhavens tatsächlich "sehr gute Weg" auch ganz nebenbei dafür gesorgt hat, dass Bremerhaven auf anderen Feldern auf einen sehr schlechten Weg geraten ist.
Ein Beispiel dafür ist die oft beschworene dramatische Haushaltslage.
Selbstverständlich sind Großprojekte wie die Havenwelten nicht die entscheidende Ursache dafür - das geben schon die Zahlen nicht her: Die Bremerhavener Verschuldung überklettert in wenigen Monaten die Milliardengrenze, und die Havenwelten stehen noch mit Verpflichtungen von 120 Millionen Euro ab 2012 in den Büchern.
Die riesenhaften Investitionen der vergangenen Jahre haben aber in Bremerhaven eine im Vergleich zu anderen Städten geradezu gigantische öffentliche Infrastruktur geschaffen, die auch mit Mitteln aus dem Stadthaushalt unterhalten und gepflegt werden muss.
Die Folge: Eine Festlegung von Haushaltsmitteln auf Jahrzehnte. Die sich daraus ergebenden Probleme sind seit Jahren absehbar und werden gegenwärtig in schnellen Schritten immer deutlicher sichtbar.
Die seit langer Zeit angekündigte Abrechnung der Havenwelten wird dazu auch in diesem Punkt vielleicht bald noch nähere Aufschlüsse bieten.
Oberbürgermeister Jörg Schulz möchte diese Seite seiner "erfolgreichen Politik" gerne beiseite schieben. Er wird dazu im Sonntagsjournal vom 29. Juni 2008 mit der Bemerkung zitiert, die Menschen seien ohnehin "nicht in der Lage die Größenordnungen zu verdauen. Die Zahlen sind zu abstrakt."
Seine eigene Partei scheint der Oberbürgermeister mit seiner Politik mittlerweile nicht mehr so recht zu überzeugen. In der SPD hat es nämlich durchaus eine Art von Politikwende gegeben - weniger Hoffnungen bei den Investitionen in Beton und mehr Aufmerksamkeit für das soziale Zusammenleben in der Stadt.
Der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Martin Günthner gegenüber dem Sonntagsjournal vom 29. Juni 2008: "Wir müssen aufpassen, dass die Stadt nicht in zwei Teile zerfällt."
Jörg Schulz hat aus dieser Haltung seiner Partei die Konsequenzen gezogen: Er stehe für eine weitere Amtszeit nicht mehr zur Verfügung, schrieb er an die SPD.
Seine Begründung: Er musste feststellen, dass seine "erfolgreiche Wirtschaftsstruktur- und Wissenschaftspolitik der letzten Jahre" leider "im Parteivorstand zunehmend nur noch geduldet, aber nicht mehr unterstützt wird".
Bleibt abzuwarten, wie schnell sich der Oberbürgermeister damit selbst zur "lahmen Ente" gemacht hat. Schließlich braucht er im Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung die Unterstützung der Parteien.
Ein Gedanke: Wer verbündet sich schon gerne mit einem Menschen, der seinen Abflug bereits lautstark selbst angekündigt hat...
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